Jetzt sitzen Kunden der Gastronomie bei jedem Wetter draußen

Sternschanze. "Die Schirme bringen ungefähr so viel, als zöge man die Gardinen zu, um sich vor Lärm zu schützen", sagt ein Anwohner der Susannenstraße. Er spricht über die Lärmschutzschirme, die direkt unter seinem Balkon stehen. Seit dieser Saison ist es für die Wirte an der Straße Pflicht, die kostspieligen Schirme (etwa 3000 Euro) aufzustellen. Die Gastronomen stellten die Wirksamkeit der Schirme von Anfang an infrage.

Jetzt melden sich auch die zu Wort, für die die Schirme eigentlich da sein sollen: die Anwohner. Einer von ihnen ist Alex Drost. Er wohnt direkt an der Susannenstraße. Sein Balkon liegt zur Straße heraus. Für ihn hat sich durch die Schirme nichts verändert: "Die Schirme bringen überhaupt nichts", sagt der 37-Jährige. Seit acht Jahren lebt er in der Wohnung. In dieser Saison sei es genauso laut wie vor acht Jahren. Das stört Drost allerdings nicht weiter: "Ich hatte noch nie ein Problem mit der Lautstärke hier. Wer Idylle und Ruhe sucht, der braucht ja nicht hierher zu ziehen", sagt er.

Bis 22 Uhr (am Wochenende 23 Uhr) sind die Schirme täglich aufgespannt. Dann ist Schluss mit der Außengastronomie an der Susannenstraße. Tische, Stühle und Schirme müssen zusammengeklappt werden. Das Problem ist laut Droste, dass der Lärm dann aber erst beginne. "Richtig laut wird es erst später, wenn die Leute zu viel getrunken haben und auf der Straße herumstehen. Und dann sind die Schirme schon weg." Ein anderer Anwohner, der anonym bleiben möchte, geht in seiner Kritik weiter: "Die Lärmschutzschirme verschärfen das Lärmproblem", sagt der Hamburger, der seit Anfang der Neunziger an der Susannenstraße wohnt. "Durch den Schutz des Schirmes können die Leute wetterunabhängig draußen sitzen, und das tun sie auch."

Das sei nicht immer so gewesen. In seiner Erinnerung habe es zum Zeitpunkt seines Einzugs vor etwa 20 Jahren zwar Kneipen gegeben, aber keine Außengastronomie. "Heute sitzen die Leute immer draußen, auch wenn es nur ein paar Grad warm ist", sagt er. Derzeit überlege er, seine Eigentumswohnung zu verkaufen. "Der Lärm hier muss rigoros minimiert werden, sonst kann man hier nicht mehr wohnen."

Vonseiten des Bezirks wurde auf Nachfrage bekannt gegeben, dass zeitnah keine Lärmmessungen geplant seien, die die Wirksamkeit der Schirme überprüfen könnten. Man vertraue laut Sprecherin Kerstin Godenschwege auf entsprechende Lärmgutachten, wie sie aus Süddeutschland vorliegen, wo die Schirme schon länger im Einsatz sind.

Derzeit arbeitet der Bezirk Altona an einem allgemeinen "Handlungskonzept" gegen Lärm und übermäßigen Alkoholkonsum in der Schanze. Ob dabei auch die Schirmfrage noch einmal auf den Tisch kommt, ist unklar.