Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Die Herren der Ringe, die seinerzeit die Olympischen Spiele nach London vergaben, müssen rechte Witzbolde gewesen sein. Nichts gegen die britische Metropole, auch nichts gegen das Wetter, das uns Hamburgern so seltsam bekannt vorkommt. Und schon gar nichts gegen Bürgermeister Boris Johnson, der wegen seiner weißblonden Wischmoppzauselfrisur als skurrile Alternative zu Olaf Scholz durchgeht. Aber der wahre Scherz bei Großveranstaltungen in der Acht-Millionen-Metropole ist der Verkehr.

Die Eröffnungsfeier ist noch neun Tage entfernt, da ist in London bereits das Chaos ausgebrochen. Die Infrastruktur in dieser Stadt ist ja auch älter als die Queen. Im Untergrund rumpelt eine mindestens hundert Jahre alte U-Bahn, das Straßennetz entstand weit vor der Erfindung des Automobils - für Kutschen.

So kam, was kommen musste: Noch bevor in den Arenen der erste Startschuss gefallen ist, steht ganz London im olympischen Stau. Und dass die Mitglieder der sogenannten olympischen Familie eine ganze Spur für sich haben, auf der ab und zu mal ein Auto gesichtet wird, amüsiert die Londoner überhaupt nicht.

Irgendwann wird der englische Humor zurückkehren. Dann können die Briten gleich mal ein paar neue Sportarten erfinden. Spannende Disziplinen wie 20 Kilometer (im Stau) stehen. 100 Meter Synchronfahren (bis zur nächsten Ampel). Freistilringen um den nächsten freien Parkplatz.

Nur eins geht schneller als sonst. In den Postämtern sollen Briefmarken mit Motiven britischer Olympiasieger schon am nächsten Tag erhältlich sein. Normal dauert so etwas zwei Jahre.