Ein Vertragsentwurf von Tino Lange

Hamburg. Neulich wurde mir vor einem Konzert am Presseeingang ein interessanter Vertrag zur Unterschrift vorgelegt. Ich sollte mich verpflichten, in der Konzertkritik nur über die ersten zwei Songs zu schreiben. Den Text durfte ich nur am Mischpult schreiben und ihm nur einem vorab gemeldeten Medium anbieten. Noch während des Konzerts sollte ich alle Textentwürfe nebst Notizen dem Management der Band zur Absegnung vorlegen. Dazu sollte ich die Rechte an den Texten und Notizen auf ewig, weltweit und vor allem unentgeltlich abtreten. Jeglicher Vertragsbruch meinerseits hätte eine Konventionalstrafe von 30 000 Euro nach sich gezogen.

Ich gebe zu: So ein Vertrag wurde mir nie vorgelegt. Schließlich bin ich Text-Journalist und kein Bild-Journalist. Aber die Fotografen müssen sich seit Jahren vermehrt mit Knebelverträgen und mal mehr, mal weniger mit den oben genannten Schikanen auseinandersetzen. Auch gestern wieder beim Konzert von Norah Jones im Hamburger Stadtpark.

Die Bildberichter sollten unter anderem ihre Bildrechte nach kalifornischem Gesetz an Norah Jones abgeben. Zur kostenlosen Weiternutzung ohne zeitliche und räumliche Beschränkung, wie es im vorliegenden Vertragstext heißt. Deshalb haben viele Fotografen das Konzert boykottiert. Wir unterstützen das. Bislang konnten sich die Leser ja auch ohne Foto ein Bild von einem Konzert machen. Aber wie lange noch?