Ein Kommentar von Björn Jensen

Der Mensch giert nach Sensationen, und er weidet sich gern am Schicksal seiner Mitmenschen. Diese Erkenntnis gilt seit Jahrtausenden. Man kann das abstoßend finden oder schlicht menschlich. Der Fakt jedoch, dass Emotionen wie Glück und Leid mehr Interesse wecken als kontrollierte Langeweile, ist gerade auch im Leistungssport täglich zu beobachten.

Pervers wird es dann, wenn versucht wird, aus der Sensationslust Kapital zu schlagen, und dafür die Grenzen des guten Geschmacks und des Anstands überschritten werden. Zu besichtigen ist dies wieder einmal am Sonnabend, wenn die Schwergewichtsboxer David Haye und Dereck Chisora in London aufeinandertreffen. Das sind jene beiden Briten, die sich im Februar in München auf der Pressekonferenz nach Chisoras Niederlage gegen Vitali Klitschko prügelten.

Obwohl der deutsche, der britische und der Weltverband WBCChisora gesperrt haben, weil er sich nicht nur mit Haye geschlagen, sondern auch Vitali Klitschko geohrfeigt und dessen Bruder Wladimir angespuckt hatte, gab es andere Verbände, die das Duell sanktionierten und dafür an den Millionengagen mitverdienen. Wer Boxen als Show ansieht, mag das gutheißen. Wer es als Sport betrachtet, muss angewidert sein. Haye gegen Chisora ist fraglos ein sportlich reizvolles Duell. Aber wo bleiben Fair Play und Moral, wenn zwei Prügelknaben nicht bestraft, sondern mit einem Millionenkampf belohnt werden?

In Deutschland kann man den Kampf für 25 Euro bei Sky sehen. Es wäre ein schönes Zeichen, würde wenigstens dieser Versuch, mit Sensationsgier Geld zu verdienen, scheitern.