Preisträgerin: Minjie Yan kam erst 2004 als Austauschschülerin. Damals war sie gerade 16 Jahre alt. Jetzt will sie bei Desy promovieren.

Osdorf. Minjie Yan und die Stadt Hamburg - das ist eine Geschichte, bei der von Beginn an einfach alles gepasst hat. Als Austauschschülerin kam die heute 24-Jährige vor acht Jahren aus Hamburgs Partnerstadt Shanghai in die Hansestadt, kehrte als Studentin zurück und bestand gerade ihr Diplom in Physik mit der Note "Eins mit Auszeichnung". Heute erhält Minjie Yan den Otto-Stern-Preis am Fachbereich Physik der Universität Hamburg - für die beste Diplomarbeit. Die Wissenschaftlerin hat sich intensiv mit Elektronenbeschleunigung und Strahlendiagnostik beschäftigt.

"Ich mochte Hamburg vom ersten Augenblick an", erzählt die Naturwissenschaftlerin. Im Jahr 2004 organisierten Hamburg und Shanghai im Rahmen ihrer Partnerschaft einen Schüleraustausch. Minjie Yan landete für vier Wochen bei Anna-Sophie Spieß und ihrer Familie. Gemeinsam gingen die Mädchen aufs Charlotte-Paulsen-Gymnasium in Wandsbek. "Wir hatten viel Spaß miteinander", erinnert sich Minjie Yan. "Meine Gastfamilie hat mir Hamburg gezeigt, wir haben viele Ausflüge gemacht, und ich habe mich sehr wohlgefühlt."

Im Gegenzug flog Anna-Sophie Spieß dann nach Shanghai und besuchte dort zusammen mit Minjie deren Fremdsprachenschule. "Da konnte ich mich revanchieren und meine Heimat zeigen", sagt Minjie Yan.

Die Austauschschülerinnen und deren Familien pflegten die Freundschaft auch weiter, als alle längst wieder ihren gewohnten Alltag lebten. Und Minjie dachte über ein Studium an Elbe und Alster nach.

+++ China in Hamburg +++

"Ich wollte so gern nach Hamburg zurück", sagt sie. Nach bestandenem chinesischen Abitur absolvierte Minjie auch eine besondere Deutschprüfung mit Erfolg. Sonst hätte sie in Hamburg nicht studieren dürfen, denn das chinesische Abitur macht man nach zwölf Schuljahren. 2007 packte die junge Chinesin ihre Koffer und kam nach Deutschland. Das Physik-Institut an der Universität in der Jungiusstraße und das Desy sowie die Studentenwohnanlage Kiwittsmoor in Langenhorn wurden ihre neue Heimat.

"Ich habe dort viele Freunde gefunden und mich auch regelmäßig mit Anna-Sophie getroffen", erzählt Minjie. "Sie studierte an der Bucerius Law School, so waren wir in der Jungiusstraße praktisch Nachbarinnen." Und wenn das Heimweh zwickte, dann tat sich die chinesische Hamburgerin mit ihren chinesischen Freundinnen zusammen und kochte einheimische Gerichte.

Mittlerweile ist die erfolgreiche Wissenschaftlerin nach Osdorf umgezogen und forscht für ihre Doktorarbeit am Desy. "Ich bekomme jetzt ein Gehalt, da kann ich mir eine Wohnung leisten." Drei Jahre lang will sie sich dort mit den ihr vertrauten Themen Elektronenbeschleuniger und Strahlendiagnostik beschäftigen. Über ihre Erkenntnisse berichtete sie bereits auf Kongressen im US-Bundesstaat Maryland sowie in ihrer Heimatstadt Shanghai.

Irgendwann wird Minjie Yan wieder nach China zurückkehren. "Auch wegen meiner Familie, ich bin Einzelkind." Einmal waren ihre Eltern schon in Hamburg. "Für sie ist es sehr aufwendig, ein Visum zu beantragen. Aber als sie hier waren, haben die Großeltern von Anna-Sophie ein tolles Programm für meine Eltern organisiert." Die junge Chinesin fliegt mindestens einmal im Jahr nach Hause.

Die Verleihung des Otto-Stern-Preises, benannt nach einem Hamburger Physiker und dotiert mit 300 Euro, wird Minjie Yan heute mit ihren deutschen und chinesischen Freunden feiern. Natürlich auch mit Anna-Sophie und der deutschen Ersatzfamilie, mit deren Freundschaft die Liebe zu Hamburg vor acht Jahren begann.