Fernseher und sogar Duschköpfe werden gestohlen: Hoteliers beklagen Hunderttausende Euro Schaden wegen unbezahlter Rechnungen.

Hamburg. Als Aperitif Champagner, als Vorspeise eine Hummersuppe, der Hauptgang ein Rinderfilet - so oder so ähnlich sieht manch typisches Menü eines Zechprellers aus. "Zunächst wird fürstlich gespeist, und wenn die Rechnung kommt, heißt es nur: 'Ich habe kein Geld'", sagt Jens Stacklies. Der Dehoga-Vizepräsident und Gastronom weiß, wovon er spricht, denn auch in seinen Lokalitäten wie Schönes Leben in der Speicherstadt oder der Gröninger-Brauerei an der Ost-West-Straße sind schon häufiger Zechpreller eingekehrt. "Im Gröninger passiert es immer mal wieder, dass die Gäste vermeintlich zum Rauchen vor die Tür gehen und dann nicht zurückkehren. Auf der Rechnung bleiben wir dann sitzen", sagt Stacklies.

In der Kriminalitätsstatistik der Polizei wurden im vergangenen Jahr 240 Fälle von Zechprellerei angezeigt. Das klingt nicht nach einem großen Problem. "Aber es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer sehr viel größer ist. Denn viele Gastronomen scheuen den Aufwand, eine Anzeige zu stellen, weil man das Geld meist sowieso nicht wiedersieht", sagt Dehoga-Vizepräsident Stacklies.

Mit Zechprellern kennt sich auch Frank Blin, der das Hofbräuhaus an der Esplanade und zwei weitere Brauhäuser betreibt, aus: "Wir haben in unseren Lokalen zusammen etwa 100 Fälle pro Jahr von Zechprellerei", sagt Blin. Es sei den Kellnern überlassen, direkt zu kassieren, oder erst, wenn die Gäste gehen wollen, so Blin weiter. Was kaum jemand weiß: Die Kellner handeln auf eigene Verantwortung, müssen den Schaden selber bezahlen.

Auch Rüdiger Kowalke vom Fischereihafen-Restaurant kennt das Thema Zechprellerei, allerdings ist das bei ihm im Lokal schon lange her: "Der Herr war sehr freundlich und hat sich für das vorzügliche Essen bedankt, aber er könne leider nicht zahlen", sagt Kowalke. Die Rechnung betrug damals 120 Mark und der Gourmet ohne Geld war ein Profi: "Er hat viele gute Adressen in Hamburg zum Essen besucht und nie bezahlt. Es hing dann sogar irgendwann ein Foto von ihm in einigen Restaurants, sozusagen als Warnung."

+++ Wenn der Gast den großen Flatscreen mitgehen lässt +++

Der Dehoga Hamburg verschickt an seine Mitglieder regelmäßig Warn-E-Mails. Da wird dann vor stadtbekannten Zechprellern, aber auch vor den sogenannten Einmietbetrügern gewarnt. Das sind Gäste, die sich ein Zimmer im Hotel mieten und dann die Rechnung nicht bezahlen. Im vergangenen Jahr wurde in diesem Zusammenhang in 101 Fällen von Hoteliers Anzeige erstattet: "Für die Gastronomen und Hoteliers ist Zechprellerei oder Einmietungsbetrug ein großes Problem. Der Schaden dürfte allein in Hamburg im Jahr mehrere Hunderttausend Euro betragen", sagt Silke Schellhorn vom Dehoga.

Aber auch die sonstigen Kosten eines Hotelaufenthaltes wie die Bar-Rechnung oder die Telefongebühren bleiben die Gäste gerne mal schuldig. So hatte vor Kurzem ein Gast in einem Hotel am Hauptbahnhof für 60 Euro telefoniert und sein Zimmer bezahlt, aber die Telefonate nicht.

Mit Einmietbetrügern hat das Fünf-Sterne-Hotel Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee keine Probleme, dafür aber mit Gästen, die etwas mitnehmen: "In unserem Haus verschwinden etwa 500 Handtücher und 200 Bademäntel im Jahr", sagt Direktor Paul Kernatsch. In den seltensten Fällen werden die Gäste jedoch danach angeschrieben. Der Aufwand lohne sich meist nicht, sagt Kernatsch.

Es gibt auch skurrile Beispiele: Im Hotel Smolka an der Isestraße montierte ein Gast den goldverzierten Duschkopf ab und tauschte diesen durch einen billigeren aus dem Baumarkt aus: "Neben dem Duschkopf nahm der Gast auch noch die Stereoanlage mit", sagt Inhaber Walter Brandner.

Im größten Hotel der Stadt, dem Radisson Blu am Bahnhof Dammtor mit 556 Zimmern, nehmen die Gäste auch schon mal den Fön oder Wasserkocher mit. Dass Gäste ihre Zimmerrechnung nicht bezahlen, kommt nicht vor. Denn im Radisson gilt: "Der Gast muss bei der Ankunft eine Kreditkarte vorweisen oder den Aufenthalt direkt in bar bezahlen", sagt Finanzdirektorin Claudia Hesse.

Keinen Aufwand scheute ein Gast im Motel One an der Ludwig-Erhard-Straße. Er montierte den Flachbildschirm in seinem Zimmer ab, fuhr in die Tiefgarage und verschwand, berichtet Tim Henrik Göhring, Regionalleiter der Hotelkette in Norddeutschland: "Da der Gast bei der Ankunft falsche Angaben gemacht hat, konnten wir ihn danach auch nicht ausfindig machen", sagt Göhring. Aber das Hotel hat noch andere Probleme, nämlich Gäste, die nach einem ausgedehnten Kiezbummel ihre Zimmereinrichtung demolieren oder verunreinigen. Allein um diese Schäden zu beseitigen, muss das Hotel etwa 10 000 Euro pro Jahr aufbringen.