Aber trotz des Rückzugs von Air Berlin wird der Flughafen nicht zum Provinz-Airport

Das ist ein herber Schlag für Hamburg. Der Flughafen verliert Ende Oktober 4000 Flüge und damit jährlich etwa 500 000 Passagieren. Selbst für Flughafenchef Michael Eggenschwiler kommt die Entscheidung der Fluggesellschaft Air Berlin überraschend. Das er nicht früher informiert wurde, ist bemerkenswert, weil Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft in der Hansestadt bislang als verlässlicher Partner galt. Und weil Hamburg dem Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn wohl vertraut ist. Mehdorn hat früher als Airbus-Manager einige Jahre an der Elbe gearbeitet. Selbst wenn eine Fluggesellschaft wirtschaftlich unter Druck steht, sollte sie einen Geschäftspartner nicht aus heiterem Himmel vor vollendete Tatsachen stellen.

Hamburgs Flughafenchef hat jetzt jedoch wenig Zeit, beleidigt zu sein. Er muss sich vielmehr rasch darum bemühen, den Schaden zu begrenzen. Zwar ist der Verlust bei den Flugreisenden von Air Berlin bei zuletzt insgesamt gut 13,5 Millionen Passagieren im Jahr für Hamburg nicht existenzbedrohend. Doch Eggenschwiler muss ihn ernst nehmen. Denn das böse Wort vom Provinzflughafen ist nur zu schnell in aller Munde. Und Hamburg braucht schon allein für die Manager der zahlreichen exportorientierten Firmen ein möglichst dichtes Netz von Abflügen. Zu einem Tor zur Welt gehört nicht nur ein funktionierender Hafen, sondern auch ein internationaler Flughafen. Die entscheidende Frage für die Zukunft lautet nun: Wird ein rascher Ausgleich gelingen und wenn ja, wann?

Es gibt dabei durchaus Pluspunkte, die den Flughafen Hamburg attraktiv machen. Da sind die interkontinentalen Verbindungen nach Dubai, nach New York und nach Shanghai, die Emirates, United und China Eastern aufgenommen haben. In diesem Bereich sind neue Verbindungen oder eine Ausweitung des Services nicht ausgeschlossen. Dann würde Hamburg künftig noch stärker von Zubringerverkehren profitieren.

Für die Ziele, die Air Berlin jetzt nicht mehr ansteuern will, gibt es zudem außer beim Regionalflughafen Karlsruhe/Baden-Baden bereits Konkurrenzangebote. Lufthansa, KLM und Co. dürfte das nun freie Potenzial an Passagieren hochwillkommen sein. Reichen die Sitzplätze in den Jets der Gesellschaften nicht mehr aus, könnten sie sich für größere Flugzeuge oder für neue Abflüge entscheiden. Doch von allein wird das nicht geschehen. Die Fluggesellschaften leiden unter hohen Kerosinpreisen und müssen zudem ihren Fluggästen wegen der Luftverkehrsabgabe höhere Ticketpreise abverlangen. Daher fallen Entscheidungen für zusätzliche Strecken schwer. Die Kritik der Lufthansa an den Flughafengebühren dürfte nun der Auftakt für Verhandlungen über eine Neuordnung von Strecken sein. Andere Airlines haben sich offensichtlich auch schon gemeldet.

Angst um den ältesten Flughafen Deutschlands sollte daher jetzt nicht aufkommen. Auch nach dem Verlust der Air-Berlin-Passagiere spielt der Hamburg Airport weiter in der Champions League der Standorte mit deutlich mehr als zehn Millionen Passagieren. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Passagiere fast ausnahmslos gestiegen. Diese positive Entwicklung hängt auch am steigenden Aufkommen von Touristen. So hat sich die Zahl der Hamburg-Besucher in den vergangenen zehn Jahren auf mehr als fünf Millionen verdoppelt. Das ist auch eine Folge guter und günstiger Flugverbindungen. Hamburg ist und bleibt ein attraktives Städteziel und trumpft mit seinen kulturellen Angeboten wie den Musicals auf. Damit hat Flughafenchef Eggenschwiler ein gutes Blatt beim Poker um neue Linien. Nicht nur Hamburg-Besucher, sondern auch die meisten Hamburger - ausgenommen Anrainer, denen der Fluglärm zu schaffen macht - dürften sich über neue Verbindungen freuen.