Ein Kommentar von Thomas Andre

Die Documenta hat in ihrer 13. Ausgabe auch einen Ableger in Afghanistan: Kabul, die kriegszerstörte Stadt, als Ort der Kunst und Reflexion. Das ist ganz schön politisch. Es gibt Zeitgenossen, die sagen: Kunst muss immer auch politisch sein. Andere behaupten das genaue Gegenteil. Auf der Documenta ist Kunst oft schon gesellschaftlich wirksam gewesen. Auch dieses Mal, wo dezidiert politische Exponate von Künstlern wie Sanja Ivekovic und Rabih Mroué zu sehen sind.

Wer an die gesellschaftliche Kraft der Kunst glaubt, der darf sich einer Invasion nicht verschließen, wie sie nun in Kassel stattfand, dem Ort der Kunstschau. Dort bauten die Protestler von Occupy in einer nächtlichen Aktion eine Zeltstadt auf. Weiße Planen, verziert mit den Leitwörtern der Kapitalismus-Kritiker: Gier, Hochmut, Neid, Geiz. Nach eingehender Beratung entschied die Documenta-Chefin Carolyn Christov-Bakargiev: Die Zelte dürfen stehen bleiben. Was hätte sie auch sonst tun können? Zelte im öffentlichen und urbanen Raum sind ja mittlerweile so etwas wie ein Erkennungszeichen von Occupy, ein Symbol, seit die meist jungen Leute zum Beispiel auch das Frankfurter Bankenviertel okkupierten.

Und man kann die Dauerbelagerung ja auch als Kunst, als Happening begreifen. Es gibt keinen besseren Ort für Occupy als Kassel dieser Tage, und schlecht fürs Image der Documenta ist die Sache auch nicht - im Gegenteil.