Herbert Schalthoff ist das politische Gesicht von Hamburg 1 und moderierte bei dem Sender im August 1995 seine allererste Fernsehsendung.

Der rote Faden zieht sich durch die Stadt: Er verbindet Menschen, die einander schätzen, bewundern, überraschend finden. Sie entscheiden, an wen sie ihn weiterreichen: an andere, die hier arbeiten, die Besonderes für diese Stadt leisten, die in Hamburg als Vorbilder gelten. Folge 49: Moderator Herbert Schalthoff. Er bekam den roten Faden von Greta Blunck.

Man könnte ihm getrost den Titel "hanseatischster Westfale" verpassen. Prinzipientreu, anständig, strebsam. Immerhin hat Herbert Schalthoff mehr als die Hälfte seines Lebens in Hamburg verbracht, nachdem er seiner Heimat, dem idyllischen Münsterland, den Rücken kehrte. Der Liebe wegen.

Der 59-jährige Moderator des Fernsehsenders Hamburg 1 lacht, als er davon erzählt, fast ein wenig verschämt sieht er aus. So, wie ihn die meisten Zuschauer auf dem Bildschirm nicht erleben werden. Dafür ist Schalthoff zu lange im Geschäft. Im Prinzip von Anfang an. Als der Lokalsender im Sommer 1995 gegründet wurde, war Schalthoff dabei. Er schnupperte die von Aufbruch geschwängerte Fernsehluft - und wurde süchtig. Dabei hatte der Mann, der seinen Wehrdienst verweigert hatte, nach einer Lehre bei der AOK sein Abitur nachholte und in Münster Sozialpädagogik und Soziologie studierte, erst die politische Laufbahn eingeschlagen. Er gehörte zu den Studierenden, die durch die Anti-AKW-Proteste Ende der 70er-Jahre begannen, das Leben mit politischem Blick zu betrachten. Dennoch war es nicht ein Job, sondern ein Urlaubsflirt, der ihn 1980 nach Hamburg zog. Er war das Pendeln leid, die Hamburgerin ebenfalls.

Der weitere Verlauf der Geschichte klingt so, wie nur das Leben ihn schreiben kann: Kaum war Schalthoff umgesiedelt, "also frisch in Hamburg eingetroffen", da lernte er seine heutige Ehefrau Astrid kennen - und zog, logisch, schnurstracks bei der Urlaubsliebe wieder aus. Ein bedeutender Umstand für ihn, schließlich gab er seinem Leben einen neuen, festen Mittelpunkt. "Wir feiern jedes Jahr am 13. Juli unseren Kennenlerntag. Der ist eher unser Tag als der Hochzeitstag", sagt er. 31 Jahre ist das nun her. Die Geburten und das Aufwachsen der beiden Töchter, der 23-jährigen Lara und der 17-jährigen Alessa, eine TV-Karriere und einige Urlaube in Portugal füllen diese drei Dekaden.

Hamburg-Blankenese ist Schalthoffs Zuhause. "Vollkommen unvorstellbar ist es für mich, wieder ins Münsterland zu ziehen", sagt er, "ich fahre da gerne mal hin, zu Besuch, weil Schwester und Mutter dort leben, aber den Gedanken, aus Hamburg wegzugehen, den gibt es nicht." Wenn Schalthoff spricht, ist in seinen Worten der westfälische Singsang nicht zu überhören. Die charakteristische Sprachfärbung konnten auch die Jahre an der Alster nicht ausmerzen. "Komisch, nicht?", fragt er und fährt sich durch seine pinselgeraden grauweißen Haare - neben seinem Stimmkolorit und der randlosen Brille das Markenzeichen des Fernsehgesichts. "Für den Schnitt sitze ich immer eine Dreiviertelstunde beim Friseur, da kommt es auf das Feintuning an", sagt er. Sympathisch, wer über sich selbst lacht, reflektiert und ehrlich ist. Dann fallen Sätze wie "natürlich waren das nicht 30 Jahre strahlend blauer Himmel. Das würde auch keiner glauben" über seine Ehe, über deren Dauer er ansonsten "stolz ist, obwohl ich nicht weiß, ob man sich darauf was einbilden kann". Jedenfalls sei er ein "konstanter Typ". Und das stimmt auch in Bezug auf andere Dinge. "Leider konstant" müsse er sich Raucher nennen, zu gerne qualme er eine Zigarette. Ein Laster das er schon seit Jahren habe und das, obwohl er einmal vier Jahre pausiert hatte.

"Konstant glücklich" ist er dagegen mit seinem Job vor der Kamera. Seine allererste Fernsehsendung moderierte er im August 1995 bei Hamburg 1. "Ich erinnere mich sehr gut daran. Das Thema war St. Georg. Damals war das noch der Ort für Drogenkonsum und Kinderprostitution. Mein Gast war Helmut Voigtland, der Vorsitzende des Bürgervereins. Er macht das übrigens heute noch", sagt Schalthoff, der seiner Sendung von Anbeginn an seinen Nachnamen lieh. "Schalthoff live" ist mit den Jahren ein Begriff in Hamburg geworden. Wer sich politisch interessiert und wissen will, was Thema in der Stadt ist, der schaltet dienstags um 20.15 Uhr oder um 22.15 Uhr Hamburg 1 ein. Der politischen Sendung, die auch Sozial- und Wirtschaftsthemen bespricht, verlieh Schalthoff ein Gesicht, ebenso wie jeder Folge von "nachgefragt".

Mittlerweile dürfte jeder Politiker mindestens schon einmal bei ihm zu Gast gewesen sein und in einem der vier roten Sessel Platz genommen haben. "Einfach ein supertoller Job", wie der Gastgeber selbst findet. Dann geht es beispielsweise um die "Zukunft des Hafens", um bewegende Ereignisse wie "Der Fall Chantal und die Konsequenzen", oder Schalthoff fragt "AKW Krümmel - Atomkraft, nein danke?". Themen, die die Hamburger unmittelbar betreffen. "Dass in Zeiten der Globalisierung das Interesse an Lokalthemen steigt, ist logisch. Hier können die Leute genau nachvollziehen und verstehen, was passiert." Hamburg als Lebensraum sei gut erfahrbar, die Menschen interessierten sich für ihre Stadt. "Es kommt ja nicht von ungefähr, dass es bei uns so viele Volksinitiativen gibt", meint er. Wer als Geladener zu Schalthoff kommt, muss sich nicht fürchten, auseinandergenommen zu werden. "Ich denke, ich kann sagen, dass ich meine Gäste fair behandele, sie müssen mir ja vertrauen und gegebenenfalls wiederkommen wollen", sagt er. Nicht, dass es keine kritischen Nachfragen gebe. "Doch, natürlich. Aber es gibt keine zur Schau gestellte Kontroverse, und es wird nicht nachgetreten."

Sein Konzept bezeichnet er als "einfach gestrickt": Ein Thema, das er nicht selbst setze, sondern eines, über das bereits geredet wird. Alles politisch aufbereitet. Zwingend bei der Vorbereitung ist für den Politikchef natürlich die Fremdbeobachtung, er liest alle Hamburger Zeitungen, schaut die Nachrichten der anderen Sender. "Grundsätzlich lege ich sehr viel Wert auf das persönliche Gespräch. Das heißt, ich treffe mich viel mit Hamburgern, die politisch aktiv sind. Was dann dort besprochen wird, bleibt natürlich unter uns, dient mir also nur als Hintergrundinformation." Schalthoff ist einer, den man als korrekt bezeichnen mag. Er hat genaue Vorstellungen, wie er seinen Beruf ausübt. Zum Beispiel redet er mit niemandem nach einer Sendung über seine Gäste. Keine Antwort werde man von ihm auf Fragen wie "Die war ja komisch/lustig/langweilig, oder?" oder "Wie fandest du denn den?" bekommen, betont Schalthoff. Wirklich, tauscht er sich mit keinem Menschen darüber aus? "Nein. Das ist mein Grundsatz. Nur mit meiner Frau spreche ich manchmal, wie eine Sendung gelaufen ist!"

Ein Satz, der im Gespräch vieler Menschen fällt, die in einer Sache Erfolg haben, wird auch von Schalthoff benutzt. "Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort." 1994, Hamburg, Privatfernsehen. Er war dabei, als die Lizenz vergeben wurde, siedelte mit Mitbegründer Frank Otto von dessen Privatradio "OK Radio" zu Hamburg 1, einem der ersten privaten regionalen Fernsehsender in Deutschland. Die Jahre zuvor war er politisch aktiv, seit dem 6. Juni 1982, jenem Tag, an dem die bunte Truppe namens GAL erstmals in die Bürgerschaft einzog; Schalthoff als Parteisprecher und Geschäftsführer.

"Das war eine extrem spannende Zeit. Aber mir war immer klar, dass ich auf Dauer nicht von Politik leben und nicht von der Entwicklung einer Partei abhängig sein wollte", sagt Schalthoff, der bis 1998 blieb. Außerdem waren da die vielen weiblichen Mitstreiterinnen: Die GAL kandidierte mit einer reinen Frauenliste. Schalthoff war der Hahn im Korb. "Ich hatte - um es vorsichtig auszudrücken - nicht das Gefühl, dass es auf lange Sicht gut gehen könnte", sagt er und schmunzelt. Außerdem sei es bei den Grünen nicht wirklich ums Geldverdienen gegangen. "Da war man Überzeugungstäter."

Der Schritt in den Medienbereich habe auch auf der Überzeugung basiert, dass etwas Neues, Spannendes passiere. Politisches Radio. "Das war richtig gutes Privatradioprogramm mit viel Wortanteil. Es hatte nur den Haken: Keiner wollte es hören." Schalthoff denkt gern an die Zeit zurück, bereut nichts.

Hat er in all den Jahren nie mit Angeboten anderer Sender geliebäugelt? "Abwerbungsversuche gab es mal, aber verbunden mit weniger Präsenz auf dem Bildschirm - da ist ein Moderator eitel", sagt er. "In dieser Stadt ist man ein Gesicht, das wollte ich nicht aufgeben. Außerdem ist mein Job extrem komfortabel, weil ich im Sender freie Hand habe und gute Kontakte." Zudem - und das ist wieder so eine ehrliche Schalthoff-Aussage - wisse er auch, dass er in kleinem Rahmen wirke und nicht bei einem nationalen Sender arbeite. Dennoch, er genießt den Nutzen, in Hamburg einen Namen zu haben. "Ich kann es nicht haben, wenn Halbpromis meckern, sie müssten sich einschränken, weil sie erkannt würden. Das gehört eben dazu und hat auch viele Vorteile, man wird beispielsweise oft auf Veranstaltungen eingeladen. Wenn es mal zu viel "Häppchen hier, Häppchen dort" gibt und er dabei sei, sich ein bisschen von der Realität zu entfremden, dann ist stets seine Astrid da. "Mein extremes Korrektiv", nennt er seine Frau, die als Pädagogin sehr firm in Sozialpolitik sei, in der Gewaltprävention arbeite und ihn "auf den Boden zurückholt".

Obwohl man sich schwer vorstellen kann, dass Schalthoff vom Boden abhebt. Dafür wirkt er eigentlich zu bodenständig.

Herbert Schalthoff reicht den roten Faden nächste Woche an den Pastor Klaus-Georg Poehls der Kirchengemeinde Blankenese weiter. Er schätzt den Geistlichen, weil "er eine super Arbeit macht und Jahr für Jahr Kinder aus den besten Familien dazu bringt, in einem Aids-Dorf in Tansania zu arbeiten".