Eine Glosse von Alexander Josefowicz

Ob irgendwo in China wohl ein "Homburger Abendballt" erscheint? Ganz auszuschließen ist das nicht, denn im Reich der Mitte pflegt man ein - vorsichtig gesprochen - entspanntes Verhältnis zu Fragen des geistigen Eigentums. Dort kann man seinen Kaffee bei "Bucksstar" trinken und einen Burger von "Mc Dnoald's" essen. Kosmopoliten tragen die aktuellen Kollektionen von "Dolce & Banana", blicken verächtlich herab auf Sportswear-Fetischisten, die nur in "Naik" und "Adibos" gehüllt durch die Straßen flanieren.

So bösartig, wie die unverblümte Kopierwut uns Europäern erscheint, ist sie allerdings nicht gemeint. Denn mit einer Kopie drückt man zwischen Hongkong und Harbin - so erklären es Kulturwissenschaftler - auch den Respekt vor dem Original aus.

So gesehen scheint es in China mindestens einen großen Fan des französischen Musikers und Regisseurs Woodkid alias Yoann Lemoine zu geben: Der Mandopop-Star Han Geng veröffentlichte kürzlich ein Musikvideo, das Woodkids "Iron", dem Netz-Hype des vergangenen Jahres, optisch bis ins Detail gleicht. Musikalisch hingegen liegen Welten zwischen Han und Lemoine. Wo der Franzose mit geradezu wagnerianischem Pomp beeindruckt, tropft beim Chinesen Belanglos-Süßliches aus den Boxen.

Auch in dieser Hinsicht ähnelt Han vielen anderen Plagiaten: Die Optik stimmt, doch der Inhalt ist weit entfernt vom Original.