Das geplante Betreuungsgeld ist ein politischer Fehlgriff und hilft den Eltern nicht

Es gibt ein gut klingendes Wort, das Bundesfamilienministerin Kristina Schröder gern benutzt, wenn es um junge Eltern geht. "Wahlfreiheit" lautet es und soll all jenen Paaren gewährt werden, die berufstätig sind und sich für Kinder entscheiden. Wahlfreiheit. Schröder stellt sich vor, dass junge Eltern wählen können, ob sie ihre kleinen Kinder selbst betreuen möchten oder sie in die Kita bringen. Keinem soll durch das eine oder andere ein Nachteil entstehen, so wünscht es sich die CDU-Politikerin.

Das ist absurd und zynisch zugleich. Absurd deshalb, weil sich Union und FDP mittlerweile in einem widersprüchlichen Leistungskanon verrannt haben: 4,6 Milliarden Euro werden für das Elterngeld ausgegeben, das es jungen Müttern ermöglicht, ein Jahr nach der Geburt in ihren Job zurückzukehren. Zwölf Milliarden Euro, die in den Kita-Ausbau gesteckt werden, sorgen dafür, dass die Kleinen danach im Kindergarten betreut werden können. Damit alles gerecht zugeht, die konservative CSU endlich Ruhe gibt und den Koalitionsfrieden nicht weiter gefährdet, werden jetzt auch jene Eltern bis zu 150 Euro monatlich erhalten, die statt Kita lieber selbst erziehen wollen. Zwei Milliarden Euro soll die "Herdprämie" kosten. Und am Ende steht die Frage: Ja, was denn nun?

Die Familienpolitik der Bundesregierung folgt keinem Leitbild, sondern der Devise "von allem ein bisschen". Angesichts des demografischen Wandels und des wachsenden Geburtenrückgangs vor allem bei den gut ausgebildeten Frauen und Akademikerinnen ist das geradezu fahrlässig. Das erklärte Ziel muss sein, jungen Eltern und vor allem jungen Müttern die Vereinbarkeit von Kind und Karriere weiter zu erleichtern. Von der gemeinsamen Forderung der großen Wirtschaftsverbände, auf das Betreuungsgeld zu verzichten und das Geld etwa in den Kita-Ausbau zu investieren, geht deshalb ein wichtiger Impuls aus - auch wenn sie sie wegen des Fachkräftemangels vor allem aus Eigennutz formuliert haben dürften.

Denn Wahlfreiheit - und das ist das Zynische an den Vorstellungen der Koalition - ist nicht erst nach dem ersten Geburtstag eines Kindes vonnöten, sondern weit davor. Doch genau hier ist von einer Wahlfreiheit nur wenig zu spüren.

Ein Baby zu bekommen bedeutet vor allem für die Hochqualifizierten meistens einen Karriereknick. Sie sind gut ausgebildet, haben Abitur, Universität und Jobeinstieg hinter sich und zögern verständlicherweise, die harte Arbeit oft eines ganzen Jahrzehnts wieder aufs Spiel zu setzen. Kind und auch noch Karriere zu wählen ist oft nicht drin. Das Oder wird zur Zwangsoption. Wer ein Jahr weg ist und danach mit neuen Verpflichtungen und weniger Flexibilität in den Job zurückkehrt, kann nicht damit rechnen, gleich in den alten Verantwortungsbereich zurückzukehren. Wer sich zwei oder drei Kinder wünscht und gleich mehrere Jahre dem Schreibtisch fernbleibt, fängt quasi wieder bei null an. Betroffen sind davon schon von Natur aus in erster Linie Frauen. Aber auch bei der späteren Erziehungsarbeit, das zeigen Statistiken, tragen sie selbst bei einem Vollzeitjob nach wie vor die Hauptlast.

Das Betreuungsgeld ist hier kontraproduktiv und hat mit echter Wahlfreiheit nichts zu tun. Auch nicht mit der Anerkennung von Erziehungsleistung, wie es von Kristina Schröder so schön heißt. Es sollte vielmehr anerkannt werden, wenn junge Eltern bereit sind, den Kraftakt Beruf und Kind zu meistern. Die Familienministerin müsste nur in ihre Schreibtischschublade gucken, wenn sie hierfür eine Anregung braucht: Die Ausweitung der Vätermonate beim Elterngeld liegt auf Eis, und auch der Kita-Ausbau verläuft nur schleppend. Hier zu investieren würde nicht nur jungen Frauen helfen, sondern wäre auch ein Zeugnis politischer Konsequenz.