Eine Glosse von Lutz Wöckener

Fett, faul, respektlos und kriminell. Wer zum nahenden Jahreswechsel Sittenverrohung und Werteverfall beklagt, mag sich über Behörden ärgern oder die nächste Stufe der Politikverdrossenheit erreicht haben. Die Jugend, seit Generationen im Fadenkreuz der Moralapostel, fällt als Adressat dagegen ab sofort aus. Die Haltbarkeit des Spruchs vom ewig besseren Früher verfällt.

In einer repräsentativen Umfrage hat die Uni Wiesbaden ermittelt, dass die Saubermänner Mario Götze und Thomas Müller nicht nur die beliebtesten Fußballer im Land sind, sondern für Jugendliche und Kinder eine größere Vorbildfunktion als die eigenen Eltern einnehmen. Okay, dass Papa nach misslungenem Übersteiger im Garten wieder mal sechs Wochen mit Bänderriss pausiert, sorgt nicht gerade für Applaus beim Nachwuchs, doch schmerzhaft verpatzte Fallrückzieher allein Berg-en noch keine Abkehr vom Erzeuger - schließlich passiert das dem Schweden vom HSV ja auch. Bodenständigkeit und Nahbarkeit, so die Forscher, seien entscheidend bei der Auswahl des Idols.

"Ich freue mich und versuche dieser Rolle auch gerecht zu werden", hat Super-Mario erklärt und wird König Fußballs Jungvolk nun Selbstlosigkeit und Bildungslust vorleben: Das Ehrenamt ist keine Behörde, Kultur gibt es nicht nur im Joghurt! Mit Besuchen von Museen und Vernissagen wird der 19-Jährige endgültig zum Öl-Götze unseres neuen Miteinanders multikultureller Prägung. Der Spanier Raúl, bei der Umfrage auf Platz drei, beherrscht zwar nur wenige Elemente des hiesigen Sprachbaukastens, dürfte beim Deutschtest aber dennoch mehr Treffer erzielen als die Eltern, nein: Erziehungsberechtigten von Jaden, Kimberly, Kevin und Co.