Was für ein Schock: Nach dem vergangenen Weihnachtsfest war plötzlich die Maria aus der Krippe in St. Jacobi verschwunden. Wochen später erst wurde die große Holzfigur beschädigt in einer Ecke der Kirche gefunden. Unbekannte hatten ihr ein Hakenkreuz eingeritzt. Dieser respektlose und aggressive Akt hatte uns erfahren lassen, wie nah ein Gedankengut ist, das mit unseren christlichen Werten und Erzählungen nicht vereinbar ist. Hass, Fremdenfeindlichkeit, Vereinfachungen und Fanatismus haben mit Gott so wenig zu tun wie der Weihnachtsmann mit der Krippe.

In diesem Jahr steht Maria wieder makellos auf ihrem Platz an der Krippe. Wir haben sie nicht ängstlich weggeschlossen oder hinter Glas gesichert. Im Gegenteil: Unsere Krippe ist - wie die Liebe Gottes - frei zugänglich, auch wenn sie damit verwundbar bleibt. Freiheit, Liebe und Frieden sind immer gefährdet, und Menschen, die dafür stehen, sind empfindsam und ungeschützt wie das Kind in der Krippe. Wer Frieden und Versöhnung will in Familie, Freundeskreis und Gesellschaft, der muss das Risiko der Verletzbarkeit eingehen. Billig ist Liebe niemals gewesen.

So bietet uns Weihnachten eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, welche Werte unsere Gesellschaft prägen sollen. Und auch, was jede und jeder einzusetzen bereit wäre, um Liebe, Freiheit, ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander stark zu machen. Könnten wir dem eindrucksvollen Beispiel folgen, dass uns die Norweger gegeben haben? Nach den Breivik-Massakern sind sie für Freiheit, Toleranz und Liebe auf die Straße gegangen. Öffentliche Trauer ja, aber kein Hass. Christliche Nächstenliebe statt neuer Gesetze.

Auch daran wird mich Maria an der Krippe von St. Jacobi erinnern: Der Glaube an die Liebe Gottes ist verwundbar, aber dieser Liebe können wir trauen. Sie ist stärker als Hass, Gewalt und Angeberei. Und dafür steht das Kind in der Krippe von Bethlehem. Frohe Weihnachten!

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