Ein Kommentar von Klaus Witzeling

Kunst kann man nicht demokratisch bestimmen. Progressiv und propagandistisch wollte das Thalia-Theater vorpreschen, gewährte dem Publikum das Recht, vier Stücke für die Spielzeit 2012/13 nach seinem Gusto zu küren.

Das Finale der Wahl mit der Stimmenauszählung wurde zur Farce. Intendant Joachim Lux und Dramaturg Carl Hegemannn ließen sich blauäugig zum Spielball von Bloggern und Witzbolden machen. Ein Theater ist es sich schuldig, zu wissen, welche Stücke es zeigen und welche das Publikum sehen will. Abonnenten und regelmäßige Besucher kamen bei der Wahl gar nicht richtig zum Zug. Die Meinung und das Ergebnis hat die Facebook-Gemeinde dominiert, nicht gerade verdächtig, ausgewiesene Liebhaber oder Kenner der Bühnenkunst zu sein.

Theater ist zwar Teamarbeit, doch Mitbestimmungsmodelle sind immer gescheitert. In der Kunst ist der Künstler zuständig und verantwortlich für sein Werk. Das gilt auch für jede Inszenierung. Der Stücke-Wahl und dem dramaturgischen Trauerspiel konnte - um mit Friedrich Dürrenmatt zu sprechen - nur eine Komödie beikommen. Wäre es doch eine seiner besseren und nicht der Wahl-Sieger "Die Ehe des Herrn Mississippi". Nun müssen Regisseur und Schauspieler Frau Anastasias vergifteten Kaffee auslöffeln, den ihnen Intendant und Dramaturg servieren, und sich um Kopf und Kragen spielen. Das nennt man Künstlerpech.