Teil 5: Patrick Gehlenborg ist schwerbehindert, aber auch hochintelligent und willensstark. Seine Bildung hat er selbst in die Hand genommen.

Hamburg/Bösel. Patrick Gehlenborg aus dem niedersächsischen Bösel ist hochintelligent. Das hat an seiner Förderschule leider niemanden interessiert, denn der 24-jährige Patrick Gehlenborg kann seine Arme und Beine wegen einer mehrfachen spastischen Behinderung nicht kontrolliert bewegen. Seine Augen reagieren ebenfalls nur willkürlich und sind dadurch zu schwach zum Lesen. Von klein auf ist er auf fremde Hilfe angewiesen.

Da er trotz seiner Brille alles nur undeutlich sieht, war für ihn schon immer das Hören wichtig. Telekolleg, Kindernachrichten, Hörbücher - das alles hat ihn früh interessiert. Wie wissbegierig der Junge war, hat auch im Kindergarten keinen Sonderpädagogen interessiert. "Ich war einfach nur irgendwie traurig, weil ich mich schon als Kind dort unterfordert gefühlt habe." Zu Hause hat er einen Computer mit Sprachausgabe. In der Förderschule wurde er beschäftigt, aber kaum gefördert: "Mein Schulalltag bestand dann darin zu singen, mit Gitarrenbegleitung: 'Seht mal, wer da rennt, das ist der Hase Augustin, das Naturtalent.'"

Er hat sich aber nicht aufgegeben und seine Bildung selbst in die Hand genommen. Zuerst hat er an der Volkshochschule seinen Realschulabschluss gemacht und in diesem Jahr am Abendgymnasium sein Abitur. Keiner wusste, wie das mit jemandem funktionieren sollte, der nur reden und hören kann. "Ich habe immer wieder gesagt, ich will nichts geschenkt haben, ich will keine Sonderbehandlung. Für jemanden wie mich bedeutet es unglaublich viel, einfach ein Mensch zu sein." Er ist ein Mensch, der seine schulische Leistung nur mündlich zeigen kann. "Durch den zweiten Bildungsweg bin ich eigentlich zum Menschen geworden. Das mag sich krass anhören, aber ich empfinde das so." Technisch war das für das System Schule völliges Neuland. Normalerweise sind die Abiturprüfungen zum überwiegenden Teil schriftlich. Deshalb mussten die Lehrer bei den Prüfungen für ihn die Antworten notieren. Alles wurde mit Ton aufgezeichnet. Gehlenborg weiß, dass das eine riesige Arbeit für alle Beteiligten war: "Sie haben sich reingehängt. Das muss ich sagen."

Nun möchte der Abiturient studieren, am liebsten Theaterwissenschaften oder einen anderen Studiengang, der ihn seinem Traumziel näher bringt: Stücke zu schreiben, zu inszenieren oder gar Filme zu drehen. "Dass ich unabhängig werde, ist für mich wichtig, sonst bin ich nicht gesellschaftsfähig."