Erstmals wurde ein Absolvent der Initiative Teach First in den Schuldienst übernommen. Förerung für benachteiligte Schülerinnen und Schüler.

Hamburg. Seine Erinnerungen an die eigene Schulzeit am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Poppenbüttel lassen Clemens Otto bis heute ins Schwärmen geraten. "Ich habe Schule als sehr angenehm und produktiv wahrgenommen." Vermutlich ist der 29-Jährige deshalb wieder in der Schule gelandet, obwohl er gar nicht auf Lehramt studiert hat. Der Hamburger ist der erste Absolvent der Bildungsinitiative Teach First , der nach seiner Zeit als sogenannter Fellow (Lehrer auf Zeit) als angestellter Lehrer in den Schuldienst übernommen worden ist.

Teach First Deutschland war gegründet worden, um benachteiligte Schülerinnen und Schüler zu fördern, und hat sich zum Ziel gesetzt, persönlich und fachlich herausragende Studienabsolventen aller Fachrichtungen an Schulen zu vermitteln. Ihre Aufgabe: Sie sollen Schüler individuell fördern und zusätzliche Angebote an die Schulen bringen. Dabei arbeiten Fellows im Unterricht mit, unterstützen einzelne Schüler oder Lerngruppen und schaffen zusätzliche Nachmittagsangebote, wie zum Beispiel Förderkurse, Hausaufgabenbetreuung und Arbeitsgemeinschaften.

Clemens Otto gehörte zu den ersten 60 Fellows, die 2009 in drei deutschen Bundesländern, darunter in Hamburg, in den Schuldienst starteten. "In einem ersten Zwischenbericht zur Evaluation des Programms durch die Universität Bielefeld haben sich die Schulleitungen sehr positiv über das Programm und den Einsatz der Fellows geäußert", sagt Peter Albrecht, Sprecher der Hamburger Schulbehörde.

+++ Lehrer ohne Staatsexamen +++

+++ Der Bildungspreis - 100.000 Euro für Kitas und Schulen +++

Clemens Otto hatte sein Studium der Wirtschaftspsychologie beendet, als er von Teach First hörte. "Das Bewerbungsgespräch ist so positiv verlaufen. Danach habe ich gewusst, das will ich mit vollem Herzen machen." Es folgte eine mehrmonatige Vorbereitung auf die Arbeit in der Schule.

Inzwischen hat Clemens Otto bereits zwei Jahre an der Otto-Hahn-Schule mit ihren 1450 Schülern hinter sich. Er hat unterrichtet, Wahlkurse angeboten und den Wettbewerb "Jugend forscht" betreut. Seit diesem Schuljahr ist er als Lehrer an der Stadtteilschule angestellt. "Mir wurde damals gesagt, Teach First schickt sehr engagierte Personen", sagt Schulleiterin Renate Wiegandt. "Und wir haben mit Herrn Otto einen echten Glückstreffer gelandet."

In diesem Schuljahr arbeitet Otto unter anderem in einer Inklusionsklasse im fünften Jahrgang als Ko-Tutor für Mathematik, Naturwissenschaft, Sport und Musik. Da er mit der Lehrerin Johanna Grzywacz und der Sonderpädagogin Ute Berndt im Klassenteam arbeitet, können sie sich gut austauschen. "Für mich ist er eine Riesenunterstützung, weil er einen anderen Zugang zu den Schülern hat, sicher auch durch seine Psychologiekenntnisse. Er versteht die Schüler. Wir ergänzen uns sehr gut", sagt Grzywacz. Auch Ute Berndt ergänzt: "Wir haben sehr verschiedene Sichtweisen auf das Kind. Es ist sehr interessant, wie er beispielsweise auch Gespräche mit den Eltern führt."

Dabei kommt Otto seine Coaching-Ausbildung zugute, die er im Rahmen seines Studiums gemacht hat. "Ich kann mir vorstellen, Beratungstätigkeit für Schulen zu machen und meine Erfahrung mit dem Studium zu verknüpfen."

Dass er ihr wohl nicht für immer und ewig als Lehrer erhalten bleiben wird, weiß Schulleiterin Wiegandt. "Wir sind als Schulleitung ja gehalten, Kollegen entsprechend zu fördern. Vielleicht ist er ja mal am Leitungsbereich interessiert, und auch in der Schulbehörde gibt es da sicher Möglichkeiten."

Mit seinem jungenhaften Äußeren und seiner freundlichen Art kommt er bei seinen Schülern sehr gut an. "Ich hatte vorher noch nie einen Mann als Lehrer", sagt Niclas, 10. Und Deborah, ebenfalls 10, sagt: "Er schreit nicht mit uns. Wenn wir laut sind, sagt er, wir sollen bitte leiser sein." Und Julia, 11, findet gut, "dass er lieb und freundlich ist. Und ich mag Mathe gern, weil er gut erklären kann."

Zurzeit sind 23 Fellows an Hamburger Grund- und Stadtteilschulen, vorwiegend in sozial benachteiligten Stadtteilen, im Einsatz. "Sie werden fachlich, aber insbesondere im Schwerpunkt Sprachförderung eingesetzt", so Behördensprecher Albrecht. "Damit wird auch deutlich, dass bildungsbenachteiligte Schülerinnen und Schüler im Vordergrund stehen."