Die Zahl macht hellhörig. Fast die Hälfte der in Deutschland verkauften Fische aus Wildfang soll mittlerweile aus nachhaltigen Quellen stammen. Kaum vorstellbar vor dem Hintergrund all der Hiobsbotschaften über die Überfischung der Weltmeere, bedrohte Arten und die riesigen Mengen an Beifang, die den Fischern versehentlich ins Netz gehen.

Der vermeintliche Boom erlaubt nur zwei Rückschlüsse: Entweder hat in der Fischerei wirklich ein grundlegender Wandel eingesetzt, oder aber die Kriterien für den umweltgerechten Fang sind so niedrig angesetzt, dass Fischer, Industrie und Handel sie mit Freuden akzeptieren können.

Leider spricht einiges für die zweite These. Wer die Richtlinien des Marine Stewardship Councils (MSC) genauer unter die Lupe nimmt, stößt kaum auf konkrete Verbote bestimmter Fangmethoden. Das Fischen mit Dynamit oder Gift ist untersagt, nicht aber der Einsatz von Grundschleppnetzen, die viele Umweltschützer ebenfalls für problematisch halten. Niedrigere Fangquoten können zur Verbesserung der Bestände festgelegt werden, müssen es aber nicht. Der größte Nutzen des Programms scheint darin zu bestehen, dass überhaupt erst einmal ermittelt wird, wie sich die Fischerei in einer bestimmten Region auf die dortigen Bestände auswirkt und ein brauchbares Managementsystem aufgebaut wird.

Dies ist durchaus ein Grund, weshalb Verbraucher zu Produkten mit dem blau-weißen Siegel greifen sollten. Doch der MSC wäre gut beraten, die Kriterien für den nachhaltigen Fischfang härter zu fassen. Sonst verliert das blau-weiße Siegel gänzlich seine Aussagekraft.