Folge 1: Florian Kirsch aus Pinneberg half einem krebskranken Freund und organisierte eine Typisierungsaktion.

Pinneberg. Die Kellnerin im Restaurant mustert Florian Kirsch unverhohlen: die mit Gel frisierten, schwarzen Haare, die schmalen Augen hinter der randlosen Brille, das selbstsichere Lächeln. Als der junge Mann zahlen will, nimmt sie ihren Mut zusammen und fragt: "Entschuldigung, sind Sie ein Fußballstar?"

Nein, ein Star ist Florian Kirsch nicht. Ein Held vermutlich schon. Nicht viele hätten wohl so schnell gehandelt wie der 24 Jahre alte Pinneberger, wenn sie erfahren, dass ihr Freund an Blutkrebs erkrankt ist - und sein Leben davon abhängt, innerhalb weniger Wochen einen geeigneten Stammzellspender zu finden.

Als Florian hörte, wie schlecht es dem damals 20-jährigen Kevin Krüger ging, kannten sich die beiden seit drei Jahren, engagierten sich gemeinsam in der Jungen Union (JU), zogen durch Kneipen und auf Partys. Umso mehr schockierte Florian die Nachricht von der lebensbedrohlichen Krankheit des Freundes: "Mir war sofort klar, dass ich etwas tun musste", sagt der Pinneberger. Er wollte eine Typisierungsaktion organisieren, bei der sich möglichst viele Menschen in die Deutsche Knochenmarkspenderdatei eintragen ließen. Vielleicht würde es unter ihnen einen "genetischen Zwilling" für den Freund geben. Ein Anruf bei der DKMS dämpfte Florians Hoffnung: Bis zu sechs Wochen dauere es, eine solche Aktion zu organisieren, hieß es dort. "Das war natürlich viel zu lange hin", erinnert er sich. Es musste schneller gehen.

Und es ging schneller: Binnen elf Tagen stand die Typisierungs-Aktion. Denn Florian musste nicht allein kämpfen: Auch Kerstin Seyfert, Mitarbeiterin der Regio-Kliniken, und Bürgervorsteherin Natalina Boenigk hatten die Spenderdatei kontaktiert, als sie von Kevins Schicksal erfuhren. Ein Rettungsmarathon begann: Sponsoren ansprechen, die Presse informieren, den Ablauf organisieren. Die Regio-Kliniken stellten das Fachpersonal, die evangelisch-freikirchliche Gemeinde die Räume. Florian saß täglich bis spät in die Nacht am Computer, mobilisierte mehr als 150 Helfer.

Am 8. Januar wurde aus Florians Wunsch, seinen Freund Kevin zu retten, eine friedliche Massendemonstration: 2676 Menschen ließen sich innerhalb von sieben Stunden insgesamt mehr als 13 Liter Blut abnehmen und spendeten mehr als 81 000 Euro.

Kevin überlebte - mit den Stammzellen eines Mannes aus den USA. Seinem Freund ist er dennoch dankbar: "Wann immer Florian merkt, dass jemand Hilfe braucht, hilft er - und stellt seine eigenen Belange zurück." Vor Kurzem haben die beiden wieder gemeinsam Fußball gespielt - wenn auch nicht auf Bundesliga-Niveau.