Eine Betrachtung von Matthias Gretzschel

"Wo viel verloren wird, ist manches zu gewinnen", hat Goethe in "Wallensteins Lager" geschrieben. Als wollte ihm die Geschichte recht geben, sind jetzt 25 verschollene Briefe unverhofft wieder aufgetaucht. Wie das Sächsische Staatsarchiv mitteilte, handelt es sich um einen Briefwechsel zwischen Goethe und Vertretern der Weimarer Klassik, den das Archiv jetzt aus Privatbesitz übernehmen konnte.

Und da unverhofft oft kommt, meldete die in Berlin beheimatete American Academy ebenfalls gestern, dass die jahrzehntelang verschollene Plastik "Albrecht Dürer als Knabe" von Friedrich Beer gar nicht verschwunden war, sondern im Garten der renommierten Kulturinstitution herumstand. Kein Mensch scheint sie bewundert oder betrachtet zu haben, bis der amerikanische Kunsthistoriker Jeffrey Chipps Smith das gute Stück einmal näher in Augenschein nahm - und eine erstaunliche Ähnlichkeit zu Albrecht Dürer feststellte. So wurde aus dem verschollenen Kunstwerk ein verschollen geglaubtes Kunstwerk.

Ähnlich wie bei dem Gemälde "Nazareth - die Jugendzeit Jesu" von dem Berliner Künstler Albert Hertel, das der Berliner Dom 66 Jahre schmerzlich vermisst hatte, obwohl es die ganze Zeit gleich nebenan im Fundus der Alten Nationalgalerie stand. Das kam durch Zufall im Sommer dieses Jahres ans Licht. Leider kann man sich auf den Zufall nicht verlassen, denn - und das ist wieder ein Goethe-Zitat: "Sehr leicht zerstreut der Zufall, was er sammelt."