Ein Einfamilienhaus in Lokstedt ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, aber bald machen die Bewohner Schluss mit dem Schmuck.

Hamburg. Manchmal kommen Kinder vorbei und geben ihre Wunschzettel ab. Kein Wunder, das Haus an der Niendorfer Straße sieht wie der dekorative Inbegriff von Weihnachten aus. Die mit der Putztechnik Sgraffito verzierte Fassade erinnert an ein Lebkuchenhaus. Überall hängen, sitzen und liegen dicke Männer mit weißem Bart und rotem Kostüm. Vor der Haustür erklingen 24 Stunden am Tag Festlieder wie "Jingle Bells" und "Stille Nacht". Familien stehen auf der anderen Straßenseite. Die Kinder machen "Oohhh!" und die Eltern Fotos. Aber bald ist Schluss damit. Wenn die Lichter nach diesem Fest ausgehen, wird es für immer sein.

"Sosehr ich die Weihnachtsmänner mag, meinen Mann mag ich mehr", sagt Erika Ahlfeld, 64, die mit ihrem Mann Klaus, 71, in dem auffälligen Haus wohnt. Die Rollen sind klar verteilt: Sie dekoriert innen, er außen. Ende Oktober beginnt Klaus Ahlfeld mit dem Schmücken. Jeden Tag ein paar Teile, dann ist zum 1. Advent alles fertig. "Aber in diesem Jahr ist es ihm schon schwergefallen", sagt seine Frau. Einmal habe sie beobachtet, wie er völlig erschöpft auf einer Leiter stand und einen Weihnachtsmann auf dem Haus befestigte. "Ich dachte, er fällt gleich runter." Hinzu kommen die steigenden Stromkosten. Natürlich werde den beiden ihr außergewöhnliches Hobby, das sie in dieser Form bereits seit 1997 betreiben, fehlen. "Aber ich kann ja noch drinnen weitermachen", sagt Erika Ahlfeld. Ihren Daumennagel ziert eine Weihnachtsmannfigur, ebenso wie ihr Handydisplay. Den entsprechenden Ohrschmuck hat sie heute nicht angelegt. "Das mache ich nur, wenn ich rausgehe", sagt sie. "Sonst stört das so sehr." In den sieben Etagen des Küchenregals hinter ihr steht Schneekugel an Schneekugel - insgesamt an die 130 Stück.

Aber diese Zahl wirkt geradezu mickrig gegen die der Weihnachtsmänner in, an und vor ihrem Haus. "Wir schätzen, dass es so um die 550 Stück sind", sagt Erika Ahlfeld. Hinzu kommen Rentiere, Elfen und die restlichen Nordpol-Bewohner. Zwei Zimmer im Keller und eine Garage für die zum Teil überlebensgroßen Figuren dienen von März bis September als Lager. Bei dem Ehepaar dauert Weihnachten eben länger. "Ich mag das Dekorieren sehr gerne", sagt Erika Ahlfeld. "Das habe ich von meinem Vater." Und um dieses Faible ausleben zu können, kam für sie nur Weihnachten infrage. "Ostern wäre nichts", sagt sie. "Die Osterhasen sind ja hässlich mit ihren spitzen Zähnen und komischen Ohren." Ahlfeld ist froh, dass diese Vorliebe ihren Ehemann nicht abgeschreckt hat, sondern er sogar mitmacht. "Aber ab dem 6. Januar habe ich dann auch die Schnauze voll von Weihnachten." Dann beginnt das große Abschmücken. Spätestens im März ist alles weg. Doch diesmal haben die Ahlfelds einen Vorteil: Wenn alles nach Plan läuft, müssen sie sich diese Arbeit nicht machen. "Wir verkaufen die ganze Außendekoration an die Höchstbietenden, und die Leute müssen es sich dann selbst vom Haus holen", sagt Erika Ahlfeld. Nur einen Weihnachtsmann, der derzeit in der Hausecke neben der Garage steht, wollen sie behalten. Ab sofort können sich Interessenten über die Internetseite www.weihnachtsmann-haus.de melden. Den Schmuck haben sie seit Jahren angesammelt. Manche Teile im Internet ersteigert, andere geschenkt bekommen.

Auch wenn draußen Schluss ist, drinnen will Erika Ahlfeld weiterhin opulent schmücken. Und vielleicht hat der Dekofan dann auch mal wieder Zeit, einen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Das war in den vergangenen Jahren nämlich nicht möglich, denn eine Touristenattraktion wie ihr Weihnachtshaus will umsorgt werden. Manchmal kommen ganze Busse mit Schaulustigen. Am Wochenende stellte das Ehepaar dann einen Klapptisch in seine Garage und verkaufte Glühwein und Kinderpunsch. "Ich denke, wir haben mit unserem Hobby vielen anderen Leuten eine Freude gemacht", sagt Erika Ahlfeld. "Und das ist das Wichtigste."