20-Jährige steht wegen schweren Diebstahls vor Gericht. Wertsachen für 140.000 Euro entwendet, darunter ein Gemälde von Max Liebermann.

Hamburg. Seit Monaten herrscht zwischen Großvater und Enkelin eisiges Schweigen. Absolute Funkstille. Der Mann will es so, das hat er klipp und klar gesagt. Zu schwer ist der Verlust, den der 78-Jährige erlitten hat, Verlust an Vertrauen, Verlust an materiellen Werten und nicht zuletzt an Objekten, an denen sein Herz hing. Seine Enkelin Clarissa L. (Namen geändert) war es, die dazu beigetragen hat, dass Alfons J. so viel Kostbares verlor. Die 20-Jährige war maßgelblich an einem Einbruch in der Wohnung des wohlhabenden Mannes beteiligt, bei dem Wertsachen für rund 140.000 Euro gestohlen wurden, darunter ein Gemälde von Max Liebermann sowie weitere Kunstobjekte und ein Jaguar.

Tränen rinnen jetzt über das Gesicht von Clarissa L., hier im Prozess vor dem Schöffengericht, wo sie sich gemeinsam mit Bekannten wegen schweren Diebstahls verantworten muss. "Was ich gemacht habe, ist unverzeihlich", ringt die junge, in dezentem Schick gekleidete Frau um eine Entschuldigung, nachdem sie die Taten im Wesentlichen gestanden und ihr Großvater als Zeuge ausgesagt hat. Sie würde es "gern wiedergutmachen", ergänzt sie mit bebender Stimme an den betagten Mann gerichtet. "Ich nehme das zur Kenntnis", erwidert dieser verhalten.

Wirklich gut sei ihr Verhältnis schon ewig nicht gewesen, hat Alfons J. erzählt. Er, der sich mit seiner mittlerweile verstorbenen Frau ein behagliches Leben im Ruhestand in bester Wohnlage eingerichtet hatte. Und sie, die junge Frau ohne ordentlichen Job, die eines Tages aus heiterem Himmel 10.000 Euro von ihm erbeten habe. "Da bin ich fast vom Stuhl gefallen", erzählt der erschöpft wirkende Mann. "Ich sagte: 'Du spinnst wohl. Von mir keinen Cent.'" Wenige Wochen später habe er dann im Urlaub erfahren, dass in seine Wohnung eingebrochen wurde. Vor allem kostbare Sammlerstücke seien gestohlen worden, darunter das Aquarell von Liebermann, dessen Wert Experten auf 40.000 Euro schätzen. Zwar habe er mittlerweile einiges von dem Diebesgut zurückbekommen, "aber die guten Sachen waren nicht dabei".

Wie gut sie waren, hat der eigentliche Dieb Andreas H. wohl nicht geahnt. Er habe von Clarissa L. einen Schlüssel zu der Wohnung ihres Großvaters ausgehändigt bekommen, hat der 27-jährige Angeklagte gestanden. Sie habe ihm erzählt, wann er ungestört Wertgegenstände aus der Wohnung stehlen könne. Den Erlös wolle man teilen. Die Beute habe er einem Bekannten gegeben, der die Stücke als "Plünnkram" bezeichnet und 4600 Euro gezahlt habe. Clarissa L. habe Geld gewollt, um ihren Führerschein zu machen und ein Auto zu kaufen, erzählt Andreas H.

Nein, widerspricht die 20-Jährige. Sie habe Schulden gehabt und endlich aus ihrem Elternhaus ausziehen wollen. Ihren Lebensunterhalt finanziert sie mit Unterstützung ihrer Eltern - und von Geld, das ihr Großvater ihr zahlt. Bis heute und trotz allem. Der Prozess wird fortgesetzt.