Multitalent und Schnellsprecher Georg Winter, vor fünf Jahren Wettkönig bei “Wetten, dass ..?“, feiert seinen 70. Geburtstag.

Blankenese. Was macht eigentlich ein Mensch, in dessen Innern das Feuer auf hoher Stufe lodert, dem unentwegt neue Ideen durch den Kopf schießen? Eine Persönlichkeit, die Visionen lebt und die sich liebend gern von Musen küssen lässt? Im Falle des promovierten Juristen Georg Winter aus Blankenese lautet die Antwort so: Der Typ unternimmt jede Menge, musiziert, stiftet, dichtet und denkt, dass es eine Freude ist - nicht nur ihm selbst, sondern auch anderen.

Dass dieser ebenso umtriebige wie fantasievolle Hanseat in diesen Tagen sein neues Buch präsentiert, zu seinem 70. Geburtstag Mitte Dezember ein eigenes Theaterstück zur Aufführung bringt und nebenbei Deutscher Meister im Schnellsprechen ist, rundet das faszinierende Bild eines der interessantesten Originale und schillerndsten Paradiesvögel der Stadt ab.

Doch sein Fundament ist höchst solide. Das wird beim Ortstermin in Winters Villa am Elbhang klar: Der Hausherr und fünffache Familienvater entstammt einer alteingesessenen Hanseatenfamilie. Urgroßvater Ernst Winter gründete 1847 die gleichnamige Firma in Eimsbüttel. Die internationale Unternehmensgruppe mit dem Schwerpunkt in der Herstellung von Diamantwerkzeugen, deren Mitgesellschafter Georg Winter gemeinsam mit seinem Bruder über einen Zeitraum von 27 Jahren war, wurde 1995 verkauft. Einen Teil des Geldes nutzte der Freigeist, um das "Haus der Zukunft" ins Leben zu rufen.

+++ Die Zungenbrecher von Georg Winter +++

Das international anerkannte Kompetenzzentrum für nachhaltiges Wirtschaften an der Osterstraße beherbergt unter einem Dach 25 Firmen, Institutionen und Verbände, die sich einem umweltbewussten Handeln verschrieben haben. Schon ab 1972 entwickelte Winter ein System umweltorientierter Unternehmensführung, das weltweit beachtet und als Buch in zwölf Sprachen übersetzt wurde. Zwei Jahrzehnte wirkte er als Vorstandsvorsitzender des Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbewusstes Management B.A.U.M.

Für sein Schaffen erhielt das Perpetuum mobile auf zwei Beinen das Bundesverdienstkreuz sowie den Deutschen Umweltpreis. Credo des Gründervaters: Umweltschutz ist Chefsache, um der Natur gerecht zu werden. Nachdem diese Grundlagen im Sausewind besprochen sind, bitten Georg Winter und seine langjährige Lebensgefährtin zu Tisch. In der guten Stube gibt es Kaffee, Plätzchen und einen sensationellen Blick auf die Elbe.

Recht unvermittelt zitiert Winter Verse aus seinem neuen Werk "Von Hamburgern und Humburgern - oder vom Tor zur Welt und den Toren der Welt". Auf Hochdeutsch und op Platt. In der Erkenntnis, dass der schlitzohrige, mutterwitzige, urgemütliche und übermütige Teil der Hansestadt dort beginnt, wo Reiseführer enden. Die Ode auf den niveauvollen, inbrünstig zelebrierten Humbug ist mit einem Hörbuch angereichert, das von Uwe Friedrichsen gelesen wird.

Plötzlich sitzt Winter am Steinway-Flügel und haut lustvoll in die Tasten. Auch Balladen stammen aus seiner Feder. Wie Georg Winter so viel kreativen Geist und unternehmerische Schaffenskraft in einen 24-Stunden-Tag packt, verblüfft nicht nur die Gäste, sondern auch seine Lebensgefährtin Marion Lührs.

Quasi nebenbei berichtet er über von ihm gestiftete Preise, von weiteren Fachbüchern, Artikeln und Vorträgen. Seine Lyrik wurde in die Anthologie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" aufgenommen. Wenn das seine frühere Lehrerin Loki Schmidt wüsste ... Und dann ist da noch die Nummer mit dem verbalen Trommelfeuer bei "Wetten, dass ..?" vor fünf Jahren. Gut zwölf Millionen Zuschauer waren via Fernsehen Zeuge, als Winter schneller sprach, als ein Maschinengewehr schießt. "Ich begreife immer noch nicht, wie das geht", erinnert sich Showmoderator Thomas Gottschalk an die Kunst des damaligen Wettkönigs. In weniger als einer Minute hatte Winter damals sieben seiner selbst gedichteten Zungenbrecher heruntergerasselt. Fischers Fritze ist dagegen ein Fall für absolute Amateure.

Der Champion hat nichts verlernt. "Glauben Sie nicht?", fragt er - und legt schon los. Versteht kein Mensch, sind ja auch zwölf Silben oder im Schnitt 36 Laute pro Sekunde. Unfassbar. Was in diesem Moment nicht geht, machte seinerzeit Gottschalk möglich. Eine mit etwa halber Geschwindigkeit abgespielte Aufzeichnung bewies, dass Winter die Wortakrobatik klar verständlich und fehlerfrei geschafft hatte. Wie geht das, Herr Winter? Um das Kunststück vereinfacht auf den Punkt zu bringen: "Zuerst bringe ich meine Zunge zum Schwingen, dann hänge ich einzelne Laute in diesen Rhythmus." Mehrstrophige Zungenbrecher trainiert er, ähnlich wie lange Tonfolgen, am Klavier. Die Fertigkeit dieses Sprechsports erlernte Georg Winter durch einen kindlichen Sprachfehler. Sein Lispeln bekämpfte er mittels Zahnstocher, Spiegel und kontrollierter Zungenstellung. Motto: "Brich dir die Zunge und nicht das Herz".

Zu seinem 70. Geburtstag sind rhetorische Schnellschüsse weniger gefragt. "Die friesische Teekanne - oder der Wettkampf der fünf Dichter" heißt es dann. Präsentiert wird das Theaterstück mit Musik in der Kammeroper von Studenten der Hochschule für Musik und Theater. 140 Freunde sind geladen; Im kommenden Jahr soll es öffentliche Vorführungen geben. Geschrieben hat das Stück Georg Winter. Wer sonst!