Cookie, eines der Bennett-Känguruweibchen im Tierpark Hagenbeck, hat die “Tasche voll“: Das Beuteltier trägt ein Neugeborenes bei sich.

Stellingen. Was haben Kängurus und Gummibärchen gemeinsam? Die Beuteltiere sind in etwa so groß wie eine der bunten Süßigkeiten, wenn sie nach nur 30 Tagen Tragzeit geboren werden. Doch in den Winzlingen steckt bereits die ungeheure Kraft, sich direkt nach der Geburt über den Bauch ihrer Mütter zu robben, bis sie deren Beutel erreicht haben. Und in dem nisten sie sich dann noch einmal gemütlich für weitere neun Monate ein. Auf diese Art und Weise "die Taschen voll" hat derzeit auch Cookie, eines der Bennett-Känguruweibchen im Tierpark Hagenbeck.

Erst seit im Juni 2011 die neue Känguru-Anlage eröffnet wurde, hüpfen die grau-braunen Beuteltiere auf Stellinger Grund. Vorher hatte der Tierpark viele Jahre nur Rote Riesenkängurus gehalten. "Die Bennetts sind gegen die Roten Riesen unscheinbarer", sagt Tierpfleger Thomas Feierabend. Nun ist es auch nicht ganz leicht, mit den größten Kängurus überhaupt verglichen zu werden. Da müssen die nur maximal 90 Zentimeter großen und bis zu 20 Kilogramm schweren Tiere zwangsläufiger den Kürzeren (Schwanz) ziehen.

Macropus rufogriseus rufogriseus, so der wissenschaftliche Name der Bennett-Kängurus, ist eine Unterart des Rotnackenwallabys, das auf der Insel Tasmanien vor Australien lebt. Im Vergleich zu seinen australischen Festlandskollegen ist das Bennett-Känguru kleiner und hat längeres Haar. Ein hübsches Gesicht haben die Tiere aber allesamt.

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Das sieht man an Cookie besonders gut. Sie ist eines der drei Weibchen, die mit einem Männchen aus unterschiedlichen Zoos nach Hamburg kamen. "Ein Känguru kam aus Saarbrücken, eins aus Erfurt und zwei aus Hannover. Die hannoverschen sind die ruhigeren Tiere", sagt der Revierleiter. Und von den entspannten Niedersachsen ist Cookie eines der beiden.

Als sie nach Hamburg gehüpft kamen, war die Kängurudame längst tragend, ihr Junges aber noch unsichtbar im Beutel versteckt. Feierabend: "Ich schätze das Lütte auf etwa neun oder zehn Monate. Es springt schon aus dem Beutel und wieder rein, aber seine Mutter hat es noch nicht komplett vor die Tür gesetzt." Das geschieht erst in einem Alter von etwa einem Jahr. Bis dahin trinkt das Jungtier, von dem die Tierpfleger noch nicht wissen, ob es ein Er oder eine Sie ist, auch noch weiter Mamas Milch. Allerdings ohne die Standleitung, an die es in den ersten Lebensmonaten angeschlossen war.

Kängurus haben da nämlich einen besonderen Mechanismus entwickelt, damit die Babys bei den Sprüngen der Mütter auch garantiert nicht von der Nahrungsquelle getrennt werden: Die Lippen der Jungtiere schließen sich ähnlich fest um eine Zitze, als wären sie daran festgewachsen - wie bei einem Druckknopf, könnte man sagen. So wird es gleichzeitig nicht allzu sehr im Beutel umhergeschleudert, wenn Muttern große Sprünge macht.

Je schneller ein Känguru hüpft, desto weniger Energie verbraucht es übrigens. Das liegt an einem elastischen Band in ihren Hinterbeinen. Wenn das Känguru auf dem Boden aufkommt, spannt es sich, schnellt dann wieder zurück und katapultiert das Beuteltier nach oben - wie eine Feder. Der muskulöse Schwanz wird dabei als Steuerruder im Sprung benutzt, vor allem aber als drittes Bein, wenn die Tiere sitzen oder sich langsam fortbewegen.

Beides, ein schnelles Springen oder eine gemächliche Gangart, kann man bei Hagenbeck gut beobachten. Nur eines passiert nicht: "Eine Interaktion zwischen den Roten Riesenkängurus und den Bennett-Kängurus findet nicht statt", sagt Thomas Feierabend. Die beiden Arten haben getrennte Ställe, in denen sie mit Ästen, Blättern, Gemüse wie Rote Bete, Fenchel oder Karotten und ein wenig Kraftfutter, bestehend aus Haferflocken und speziellen Pellets, gefüttert werden.

Da die Bennett-Kängurus scheuer sind als die Roten Riesen, hofft Feierabend, dass er sie nur selten einmal einfangen muss. Da werden die sonst sehr robusten Tiere, denen auch kältere Temperaturen nichts ausmachen, dann doch schnell sehr hektisch.

Der Name Känguru stammt einer Überlieferung nach aus der Zeit der Besiedlung Australiens. Der britische Seefahrer James Cook, nach dem Cookie ihren Namen hat, kannte die komischen Tiere nicht und fragte die Ureinwohner, was das sei. Die Aborigines verstanden Cook jedoch nicht und antworteten "kangaroo" - was so viel wie "Ich verstehe dich nicht" bedeutet.

Ebenfalls missverstanden müssen Sie sich fühlen, wenn Sie einmal in Deutschland ein freilebendes Bennett-Känguru sehen - und Ihnen keiner glauben will. Es gibt sie nämlich tatsächlich! In Mecklenburg gelangten aus einem lokalen Zoo mehrere Tiere in die Freiheit und vermehren sich seitdem, wie es auch schon in England und Schottland passiert war.

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