Die EU hat die strengsten Sicherheitsvorschriften. Aber wir müssen mehr tun, um Katastrophen wie in Südamerika zu verhindern

Als es im vergangenen Jahr bei der Erdölbohrung zum Blow-out auf der Bohrinsel "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko kam, verloren elf Menschen ihr Leben, und es flossen vier Millionen Barrel Öl ins Meer. Die Welt war vom Ausmaß des Unfalls erschüttert und noch mehr davon, wie lange es dauerte, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Das hat das Vertrauen in die Offshore-Erdöl- und -Erdgasindustrie untergraben. Es stellt sich die Frage, was bei einem ähnlichen Unfall in EU-Gewässern geschehen würde.

Die Offshore-Energiegewinnung spielt für die Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit in Europa eine entscheidende Rolle. Über 90 Prozent des in der EU produzierten Erdöls und 60 Prozent des in der EU gewonnenen Erdgases werden aus dem Meeresboden gefördert. In europäischen Gewässern sind beinahe 1000 Erdöl- und -gasanlagen in Betrieb. In der Nordsee unterliegen Bohrungen den weltweit strengsten Sicherheitsregelungen, aber in anderen Regionen besteht Verbesserungsbedarf. Derzeit werden zwar nur in 13 Mitgliedstaaten Offshore-Aktivitäten betrieben, Unfälle machen aber bekanntlich nicht an Landesgrenzen halt. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission beschlossen, neue strenge Sicherheitsvorschriften vorzuschlagen, die EU-weit verbindlich wären. Deren Einhaltung sollen von unabhängigen Experten überwacht werden.

Am Anfang steht die Genehmigung.

Es muss garantiert werden, dass die Mitgliedstaaten nur Unternehmen mit ausreichendem Fachwissen und Finanzkraft die Genehmigung erteilen.

Die neuen Sicherheitsnormen schreiben Offshore-Unternehmen einen Risikobewertungs- und Notfallplan vor. Diese Pläne und spätere Änderungen müssen von unabhängigen Experten geprüft werden, die nationalen Behörden geben dann grünes Licht. Außerdem werden Inspektoren auf den Bohrplattformen regelmäßig Kontrollen durchführen. Bei Verstößen kann dem Unternehmen unverzüglich untersagt werden, weiterzubohren. Die Inspektionsergebnisse werden veröffentlicht, damit sich die Bürger darüber informieren können.

Zusätzlich zur Unfallverhütung wird durch die neuen Vorschriften gewährleistet, dass auf Unfälle schnell und umsichtig reagiert wird. Das Unternehmen, das die Bohrung durchführt, muss über Ausrüstung vor Ort verfügen, die sofort eingesetzt werden kann.

Es muss auch dafür gesorgt werden, dass die Umwelt und die Existenzgrundlage der lokalen Gemeinden nicht gefährdet werden, wenn der Betreiber den Unfall nicht mehr unter Kontrolle hat. Dafür müssen nationale Notfallressourcen einsatzbereit sein. Außerdem stehen die Mittel und das Fachwissen benachbarter Mitgliedstaaten und der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs zur Verfügung, um Schäden einzugrenzen, wenn die nationalen Kapazitäten nicht ausreichen. Um die Wirksamkeit weiter zu steigern, schlägt die Europäische Kommission vor, die Umwelthaftung von 22 auf 370 Kilometer vor den Küsten auszuweiten, was alle Anlagen einschließen würde.

Letztlich liegt es in unser aller Interesse, dass die Offshore-Sicherheit gewährleistet ist. Daher wird die Kommission mit ihren internationalen Partnern zusammenarbeiten, um die Durchsetzung der weltweit strengsten Sicherheitsnormen zu fördern. Von EU-Unternehmen sollte dann erwartet werden, dass sie die EU-Sicherheitsnormen stets auch bei Aktivitäten außerhalb der Europäischen Union anwenden.

Alle Maßnahmen hindern die EU-Staaten nicht daran, noch strengere Vorschriften anzuwenden. Es muss jedoch garantiert werden, dass jeder Betreiber innerhalb der EU dieses hohe Sicherheitsniveau einhält. Dies kann am besten von den nationalen Behörden kontrolliert werden. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass diese Vorschriften überall angewandt werden.