Sie arbeitete Tag und Nacht, um ihren vier Kindern ein normales Leben zu ermöglichen

Mein Leben führte mich nach Hamburg, weil meine Eltern sich scheiden ließen. Meine Mutter erzählte uns zwei Jahre lang, dass mein Vater in Berlin arbeiten würde, dass er nachts käme und ganz früh wieder zurückführe.

Sie legte neben unsere Betten Geschenke und behauptete, dass mein Vater uns die Geschenke gebracht habe.

Ich habe irgendwann verstanden, dass es nicht in Wirklichkeit so war, weil er uns nicht einmal anrief. Aber ich sagte meiner Mutter erst mal nichts, damit sie nicht noch mehr verletzt wurde.

Nach zwei Jahren zogen meine Mutter, meine drei Geschwister und ich nach Hamburg und wohnten zunächst bei meiner Tante, bis wir eine Wohnung gefunden hatten.

Es war nicht immer leicht, mit insgesamt zwölf Personen in einer Wohnung zu leben, aber es waren meine schönsten Jahre. Darum möchte ich mich bei meiner Tante bedanken, dass sie uns zu sich genommen hat.

Ich bemerkte, dass meine Mutter immer trauriger wurde und dass sie versuchte, uns dies nicht zu zeigen.

Sie arbeitete von morgens bis spätabends als Feinkost-Verkäuferin in Lüneburg und versuchte, uns alles bieten zu können, was wir wollten.

In der Zwischenzeit meldete uns meine Tante bei einer Grundschule in der Nähe unserer neuen Wohnung an. Nach ungefähr drei Jahren fing meine Mutter als Verkäuferin in dem Dönerladen unter unserer Wohnung an zu arbeiten. Aber nach einer kurzen Zeit wurde sie arbeitslos, weil der Besitzer den Laden verkaufte.

Damit meine Geschwister und ich in der Schule nicht gehänselt werden, weil wir Hartz-IV-Empfänger waren, übernahm meine Mutter den Laden.

Sie arbeitete ganz alleine bis spät in die Nacht und musste sich dabei die dummen Sprüche der männlichen Gäste anhören.

Ich versuchte, ihr so weit wie möglich zu helfen, aber ich konnte nicht sehr viel machen, da ich doch erst zwölf Jahre alt war.

Meine Mutter schaffte es, den Laden zwei Jahre lang zu führen, obwohl es wirklich sehr schwer war. Sie bekam 2010 mit 38 Jahren einen Herzinfarkt, was sie selbst anfangs nicht mal merkte.

Ich brachte sie mit der Bahn nach Eppendorf zu einer Kardiologie-Klinik, wo sie operiert werden sollte.

Als sie zum OP-Saal gebracht wurde, versuchte ich nicht zu weinen, sondern blieb ganz cool, aber als sie dann wegging, dachte ich die ganze Zeit, bis sie zurückkam, daran, was wäre, wenn sie stürbe und nie mehr zurückkäme. Ich weiß nicht, was ich dann gemacht hätte.

Jetzt geht es ihr einigermaßen gut und ich weiß, sie ist sehr stolz auf mich. Ich möchte aber, dass sie weiß, wie stolz ich bin, so eine starke Mutter zu haben.

Beyza-Nur Yücel, R 10b, Lessing-Stadtteilschule