Pädagogen, Eltern, der eigene Anspruch - das macht krank

"Sei froh, dass du noch zur Schule gehst!", sagen viele Freunde zu mir, die gerade mit einer Ausbildung angefangen haben. Doch meist wissen die jetzigen Lehrlinge nicht, was es bedeutet, Abitur zu machen. Es ist ein enormer Druck, den man sich selbst macht, dadurch, dass Lehrer und meist auch Eltern hohe Ansprüche an einen stellen.

Hat ein Jugendlicher nicht in dieser Zeit zusätzlich mit ganz anderen Problemen zu kämpfen? Wie soll man in diesem Alter schon so einem Riesendruck standhalten? Wie soll man mit dem ersten Liebeskummer eine dreistündige Matheklausur überstehen?

Druck macht unsicher, führt zu Unruhe und Kopfschmerzen. Das sind keine richtigen Krankheiten, dennoch ist das Wohlbefinden der Jugendlichen spürbar beeinträchtigt. Besonders schlechte Schüler greifen zu Zigaretten und Alkohol, um den Stress abzubauen.

Der Lebensabschnitt Jugend beginnt heute sehr früh. Die Pubertät ist ganz weit nach vorne gerückt und hat kein richtiges Ende, weil der Übergang in den Beruf, in die eigene Familie sehr spät passiert. Zudem sind die Anforderungen an die Selbstorganisation, die Einteilung des täglichen Lebens, den Aufbau der Persönlichkeit sehr hoch. Vor allem ihre Eltern vermitteln den Jugendlichen Druck. Gute Leistungen werden erwartet, gleichzeitig spüren Schüler, dass sie diesen Anforderungen nicht immer gerecht werden.

Jugendliche klagen über Schulen mit einem schlechten Arbeitsklima und mit Lehrern, die selbst unsicher sind und keine ganz klaren inhaltlichen und sozialen Anforderungen stellen. Man hat kaum eine Wahl, da es immer schwerer wird, mit Real- oder Hauptschulabschluss eine Ausbildung zu finden. Zugleich bekommt man demotivierende Kommentare von Eltern wie: "So wird aus dir nie etwas!" oder "Ohne guten Abschluss bleibst du dein Leben lang arbeitslos!". Lehrer versuchen einem klarzumachen, dass, wenn man nicht immer voll konzentriert ist, man gleich die Schule abbrechen könne. Einmal sagte mein Mathematiklehrer zu mir: "Wenn du keinen Bock auf meinen Unterricht hast und du nichts verstehst, dann kannst du auch aus der Tür gehen und nicht wieder auftauchen."

Sollten Lehrer nicht dafür sorgen, dass man motiviert zur Schule geht? Kein Wunder, dass immer mehr Schüler unter starker Prüfungsangst leiden.

Was könnten Eltern und Lehrer anders machen, um Schülern den stressigen Schulalltag zu erleichtern?

Meiner Meinung nach sollten sie unterstützen, dass wir gerne zur Schule gehen. Ein guter Lehrer sollte das Selbstvertrauen seiner Schüler stärken, da die meisten nicht mehr an sich glauben. Durch schlechte Noten werden wir in eine Schublade gesteckt, aus der wir nur mit Einsen und Zweien herausgelangen. Lehrer sollten sich widersetzen, wenn von ihnen verlangt wird, die Jugendlichen in "gute und schlechte" Schüler einzuteilen. Sie sollten Schülern helfen, sich selbst und ihre Fähigkeiten zu entdecken.

Sharleen Dorian, Schule für Haus- und Krankenhausunterricht