Es klopft bei uns der Winter an, die Wiesen werden früh schon reif, man fängt den Tag verschlafen an, die Glieder sind zu steif. Weihnachtsmärkte machen auf, der Dom dreht seine Runden, Glühwein bringt einen besser drauf, man zählt am Tag die Stunden.

In unserer schönen Hansestadt ist aber auch immer etwas los. So gibt es jetzt einen neuen, spektakulären Senatsbeschluss. Ab sofort wird das, was in Flugzeugen aus angeblich technischen Gründen längst Standard ist, auch bei uns überall verboten sein: das Telefonieren mit Handys! Auf allen Straßen, Plätzen, in öffentlichen Einrichtungen, in Bussen, U-, S- und Achterbahnen ist das Quasseln in Smart- oder iPhones unter Androhung empfindlicher Strafen jetzt strengstens verboten.

Bei Zuwiderhandlung wird das geliebte Gerät für vier Wochen eingezogen, im Wiederholungsfall gibt es sogar drei Punkte beim jeweiligen Mobilfunkanbieter. Schon wer mit Lautsprecherstöpseln im Ohr erwischt wird, muss eine saftige Geldstrafe zahlen. Für echte Notfälle werden sogenannte schalldichte "Telefonierzellen" eingerichtet.

Das sind ausgemusterte, ehemalige Telefonzellen mit ohne alles. Dahin kann sich dann jeder zum Telefonieren zurückziehen - ohne seine Umwelt zu nerven. Selbstgespräche ohne technische Hilfsmittel bleiben selbstverständlich auch weiterhin erlaubt!

Aber das ist noch längst nicht alles. Ich war neulich in der Fußgängerzone. Ja, und was sehe ich da? Ein Verkehrsschild: Tempo 30! Hä, was soll das? Meinen die etwa die Gehgeschwindigkeit eines 30-Jährigen? Da hab ich als Ü-50er schon so meine Mühe mitzuhalten. Aber dann wusste ich, was gemeint ist: der mobile Rentner, auf seinem "Shopping-Shopper". Er kann zwar nicht mehr sicher laufen, dafür aber unsicher fahren. Dann kommt er auf seinem E-Bike auch schon angebraust: mit 35 bis 42 Sachen. Ohne Führerschein! Dafür mit Einkaufskorb, Vollgummireifen (somit unplattbar), tiefer gelegt, eine Batterie, die eine viel zu große Reichweite erlaubt - und ohne Helm!

Aber Handschuhe hat er, um besser Gas geben zu können. Er weicht einem Entgegenkommenden nicht aus, da er kein Kurventraining absolviert hat. Immer nur stur geradeaus. Schussfahrt! Und wenn du da nicht zur Seite springst, mangelt der dich einfach über. Denn er weiß ja gar nicht, was Bremsen ist. Er sagt sich, ich habe eh nicht mehr viel Zeit, wozu dann vom Gas gehen? Durchziehen, bis die Batterie alle ist. Und dann ruft er seinen ADAC. Den "Allgegenwärtigen Deutschen Alten Club". Dort arbeiten nur junge Leute im sozialen Jahr, und die kommen zum Abschleppen.

So wie die Oldies heizen, hilft auch das Rechtsgehen nichts. Hab ich versucht, doch dann kam durchs Radio: "Achtung, es kommt ihnen in der F 7, Spitalerstrasse, ein Geister-Shopping-Shopper entgegen!" - Ich sage Ihnen, da hilft nur eines: Besorgen Sie sich auch so ein Gerät, dann wollen wir doch mal sehen, wer durchkommt.

Allerdings haben die Alten einen entscheidenden Vorteil: Die haben eine Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung. Na klar, warum auch, bei den mickrigen Renten könnten die einen Schaden ja auch gar nicht bezahlen.

Na bitte, geht doch.

Nils Loenicker ist Kabarettist und Mitinhaber von Alma Hoppes Lustspielhaus. Sein satirischer Wochenausblick erscheint jeden Montag.