Am Zollenspieker wird kräftig investiert: Für 1,6 Millionen Euro entsteht dort eine Flaniermeile, außerdem wird ein Vier-Sterne-Hotel gebaut.

Kirchwerder. Die Motorradfahrer, die in Zollenspieker an den Sommer-Wochenenden zu Tausenden eintreffen, zeigen, was den Reiz dieses Ortes, dem südlichsten Punkt Hamburgs, ausmacht: Denn eigentlich machen sie nichts - außer in die Gegend zu gucken, zu reden (ein bisschen), rumzustehen und den Tag älter werden zu lassen. Offensichtlich hat der Elbstrom genau hier etwas geschaffen, was Menschen in andächtiges Pausieren verfallen lässt. Ein majestätischer Ort, ein magischer Gegenpol zur nervösen Innenstadt.

Der schöne Gegenpol wird nun für 1,6 Millionen Euro umgebaut, um das Ausflugsziel Zollenspieker noch attraktiver zu machen. Neue Rund- und Uferwege entstehen wie auch 50 öffentliche Parkplätze, erneuerte Rad- und Wanderwege und eine Grünanlage mit Rast- und Spielplatz. Hier finden auch die "Stullenwanderer" bald viele Punkte zum Ausruhen; so sind die Treppen mit breiten "Sitzstufen" ausgerüstet. Der Uferweg wird durchgängig begehbar: Man kann am Ufer unter dem Zollenspieker stromauf bis zum Naturschutzgebiet (und weiter) wandern.

Größter Anziehungspunkt wird nach den Worten von Bergedorfs Amtsleiter Arne Dornquast der "Wellenbrecher". Das ist ein Wall, der wie eine Buhne 35 Meter in die Elbe ragt, acht Meter breit ist und nun so umgebaut wird, dass Besucher auf edlen Granitplatten bis zur Spitze gehen können. Dort entsteht eine Aussichtsplattform. "Die Elbe wird begehbar", versprach Architekt Carsten Kahl, der im Bergedorfer Regionalausschuss die Freiraumplanung vorstellte. In dieser Woche haben die Rammarbeiten für die Stahlspundwände begonnen. Im kommenden Sommer soll die Flaniermeile Zollenspieker fertig sein. Arne Dornquast ist sicher: "Nirgendwo präsentiert sich die Elbe so schön wie hier."

"Begehbar" ist die Elbe an dieser besonderen Stelle schon seit mehr als 700 Jahren, denn die erste Fähre fuhr schon im Jahr 1251. Eine Fähre verbindet noch heute Hamburg mit Niedersachsen. Der Fluss macht einen Knick, und man kann daher weit gucken und die Lage ausspähen. Oder "spieken", wie es auf Platt heißt. Wegen der hervorragenden Aussichten entstand im 16. Jahrhundert der "Zoln Spiker", eine Zoll- und Wehranlage, die in der Folgezeit auch Poststation, Krug mit Biergarten, Vereinsheim, Gaststätte, Militärlager war - umkämpft, zerstört und wieder aufgebaut. Heinrich Heine verheiratete hier im Jahr 1823 seine Schwester, lobte die Speisen, aber schimpfte über die Betten. Das würde er heute wohl nicht mehr tun: Am 1. April soll ein Vier-Sterne-Hotel neben dem Fährhaus eröffnen.

Jahrhundertelang war der Zollenspieker mit seinen Bällen, Feiern und als Versammlungsort auch der Ehestifter und Hochzeitsort der Vier- und Marschländer. Bis im Jahr 1991 das historische Fährhaus mit einem "Ruinenball" schloss, weil das Restaurant unrentabel geworden war. Der Unterhalt des Hauses, das 1621 gebaut worden war, machte es unrentabel. Vier Jahre später, 1995, kaufte der Ingenieur Bodo Sellhorn das Kulturdenkmal für eine Mark und investierte einen zweistelligen Millionenbetrag.

Mit dem Hotel-Neubau soll nun auch die weite Welt angelockt werden. Das Haus wird 62 Zimmer mit 124 Betten und Elbblick haben. Dazu zwölf Konferenzräume, Wellnesszone und andere neuzeitliche Einrichtungen wie Lounge, Kosmetikbereich und einen gläsernen Fahrstuhl. Die Preise liegen zwischen 115 Euro fürs Doppelzimmer bis zu 550 Euro für die Hafensuite. Geschäftsführer Oliver Kahle sagt: "Mit dem Hotel sichern wir die Existenz des historischen Zollenspieker." Denn die 1500 Restaurantplätze seien im Winter nicht ausgelastet.

Oliver Kahle ist vom Erfolg des Hotels überzeugt. "Im März wird Mercedes den neuen SLK im Konferenzraum vorstellen. Und für das kommende Jahr haben wir schon Hunderte von Buchungen."

Motorradfahrer hätten ebenso gebucht wie Fahrradwanderer. Kahle, der eine Harley Heritage Soft Tail fährt: "Der Elberadweg von Tschechien bis Cuxhaven wird immer wichtiger für uns; im Sommer kommen täglich 80 bis 100 Radler." Nach Kahles Meinung werden sich die Vier- und Marschlande zu einer Urlaubsregion entwickeln.

Von weit her kommt das meiste Geld für den Umbau zur Flaniermeile: von der Europäischen Union, aus dem Topf "Förderfonds Hamburg-Niedersachsen" und der Großteil von der Baubehörde aus dem "Sonderinvestitionsprogramm Plätze". Der Bezirk Bergedorf steuert 300 000 Euro dazu. Weiterhin zahlt der Hotelinvestor, die Admiralität 56 Grundstücks- und Verwaltungsgesellschaft mbH der Sellhorn-Gruppe, die Hälfte der neuen Grünanlage.

Wer den Zollenspieker besuchen will, kann vom Hamburger Hauptbahnhof (ZOB) Busse der Linien 120 und 124 nehmen oder mit der S-Bahn bis Bergedorf fahren und dort in den Bus steigen.

Und es gibt in der Nähe noch weitere Attraktionen: zum Beispiel die Riepenburger Mühle, die älteste erhaltene Kornwindmühle Hamburgs (Kirchwerder Mühlendamm 75a) und den denkmalgeschützten Biohof Eggers (Kirchwerder Mühlendamm 5).