Pastorin Anja Blös, Finkenwerder und Moorburg

Das Böse siegt. Der Fünfjährige lässt sich nicht beirren. Sein Kriegsschiff ist mit Kanonen vollgestopft. Die Guten haben keine Chance. Countdown im Kinderzimmer. Als erwachsene Christin versuche ich mit allen Tricks, dem Bösen nicht die Macht zu überlassen. Ich will schon fast aufgeben, wage aber einen letzten Versuch: "Der Gute will jetzt zu seinen Freunden!" Das Stichwort "Freunde" wirkt. Das kennt der Junge: Mit Freunden spielt er im Kindergarten, seine Freunde lädt er zu seinem Geburtstag ein. Er hält also inne und fragt mich: "Wo treffen sich die Freunde?" Ich zögere mit der Antwort. Frieden ist auch Risiko. Er versichert: "Ich will es nur wissen." Als ich dann doch antworte, quittiert er es mit einem Nicken. Das Spiel ist zu Ende. Freunde scheinen ein gutes Bollwerk gegen das Böse zu sein. Wenn wir in Deutschland morgen den Volkstrauertag begehen, lohnt sich ein Wirklichkeitsabgleich unter Freunden und Nicht-Freunden: Wie friedfertig sind wir wirklich? Denn die Trauer um die Verstorbenen, die Mahnung zum gerechten Frieden stehen neben umstrittenen Kriegseinsätzen und satten Gewinnen für Unternehmen, die Waffen in alle Welt liefern. Es gibt Gesetze und Beschränkungen des Waffenexports. Aber die Empfängerländer sind umstritten. Deutschland ist der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt. Ich befürchte, ein Fünfjähriger spürt heutzutage sehr genau, wie viel Böses in der Welt lauert. Gibt es Gegenmittel? Sich zu kennen, Freundschaften unter den Ländern zu pflegen, ist eine wichtige Präventionsmaßnahme. Aber ein Freundschaftsdienst darf keine Waffenlieferungen um jeden Preis umfassen. Die Seligpreisungen Jesu sind da weit mehr als eine romantische Idylle: "Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen." In der Guten Botschaft Jesu steckt ein Gegenentwurf, der es in sich hat. Reinen Herzens friedfertig sein. Dazu gehört, nicht nur zum Frieden zu mahnen, sondern aktiv zur Abrüstung und Deeskalation beizutragen. Wenn Jesu Seligpreisung die Grundlage für ein Umdenken wäre, wäre schon viel erreicht. Das Gute kann siegen.

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