Neustadt. Es gibt sicherlich so manchen Mann, für den diese Konstellation nach einem richtig gelungenen Abend klingt: In einem Porsche von einer Feier zur nächsten fahren, und das in Begleitung zweier Damen. Ralf O. hat genau so eine Winternacht erlebt, und dennoch wird er diesen Tag wohl in sehr schlechter Erinnerung behalten. Denn mit seinem Eifer, trotz eines missglückten Ausparkmanövers mit Blechschaden an zwei Autos, sich und die beiden Frauen doch noch rechtzeitig zur zweiten Party zu chauffieren, hat er ganz eindeutig die falschen Prioritäten gesetzt. Und damit fatale Fehler gemacht, die den 39-Jährigen vor Gericht gebracht haben.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort wird dem Hamburger wegen des Vorfalls aus der Nacht vom 13. Februar dieses Jahres vorgeworfen. Nachdem er in dem Porsche Carrera mit einem geparkten Smart kollidiert war und einen Schaden von knapp 2000 Euro verursachte, soll er nicht ausreichend lang am Unfallort geblieben sein, um "seiner Wartepflicht zu genügen", heißt es in der Anklage. Dabei sollte man annehmen, dass Ralf O. mit den Regeln gut vertraut ist; schließlich ist er selbst Polizist. Gegen ein Urteil des Amtsgerichts, das wegen Unfallflucht bereits eine Geldstrafe von 1000 Euro verhängte, hat Ralf O. jedoch Berufung eingelegt. Deshalb wird der Fall jetzt vor dem Landgericht verhandelt.

"Ich kam von einer Feier und fuhr zu einer Feier", beginnt der blasse Angeklagte im dunklen Sakko seine Erklärung. "Ich war schon etwas in Zeitdruck, hatte auch zwei Begleiterinnen dabei." Nachdem er trotz der winterlichen Minusgrade rund 15 Minuten gewartet habe und niemand kam, habe er an dem Smart seine Visitenkarte hinterlassen. "Ich war fest davon überzeugt, dass das reicht. Meine Erreichbarkeit war sichergestellt, mein Handy eingeschaltet", verteidigt sich Ralf O. Den Smart habe er beim Ausparken lediglich am Heck leicht touchiert. Er habe dann den Porsche inspiziert, weil der nur geliehen gewesen sei, und dann den Schaden an dem Kleinwagen betrachtet und auf rund 500 Euro taxiert. Noch in der Nacht hatte der Mann via Internet den Unfall seiner Versicherung gemeldet. Am nächsten Vormittag war er erneut zum Unfallort gefahren, um den Schaden bei Helligkeit genauer zu inspizieren. Da sah er dann die Visitenkarte der Polizei, die noch in der Nacht von einem Zeugen alarmiert worden war, und meldete sich bei der betreffenden Wache. Der Anwohner hatte geschätzt, dass Ralf O. "maximal zehn Minuten" an dem beschädigten Smart ausgeharrt hatte.

"Mir war nicht klar, dass das Auto auch vorn beschädigt war", versucht der Angeklagte jetzt im Prozess die relativ kurze Wartezeit zu rechtfertigen. "Der Wagen war aber offenbar durch den Aufprall noch gegen einen Lichtmast gedrückt worden. Das hatte ich im Dunkeln nicht gesehen. Es gab auch keinen Knall oder so. Ich dachte nicht, dass das ein so hoher Schaden sein würde." Er meine das jetzt "nur halb ironisch", wirft der Vorsitzende Richter ein: "So einen Lichtmast übersieht man ja auch leicht." Für Ralf O. geht es mit dem Verfahren auch um seine berufliche Zukunft. Denn im Jahr 2006 war der Kriminalbeamte unter anderem wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, wenig später wurde er vom Dienst suspendiert. "Sie kennen ja meine Vita, ich kann mir keine nochmalige Verurteilung leisten", erklärt der Angeklagte, und der Verteidiger konkretisiert: Aus ihrer Sicht komme eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit, gegebenenfalls mit einer Geldauflage, in Betracht. Doch der Staatsanwalt hält das Urteil des Amtsgerichts für gerechtfertigt.

So entscheidet letztlich auch das Landgericht. Die Berufung wird verworfen, das Urteil mit der Geldstrafe von insgesamt 1000 Euro soll bestehen bleiben. Das Gericht habe "nicht verkannt, dass Sie guten Willens waren", betont der Vorsitzende Richter. Aber Ralf O. habe eben "nur einige wenige Schritte unternommen, die aber nicht ausreichend waren". Eine Wartezeit von maximal zehn Minuten sei definitiv nicht genug, da sei die Rechtsprechung eindeutig. "Der Angeklagte hatte die klare Motivation, die Polizei nicht zu rufen", so der Richter.

Auf Ralf O. kommt jetzt wohl noch ein Disziplinarverfahren zu - mit ungewissem Ausgang.