Eine Zeitmessung von Tino Lange

Kürzlich schaute ich beim Konzert der New Yorker Band Bambi Kino im Indra auf die Uhr und erschrak doch recht heftig: Während die vier US-Boys die letzte Zugabe ihrer Zeitreise durch das frühe Hamburg-Programm der Beatles spielten, ging halb zwei Uhr durch. Das macht, drei Verschnauf-, Rauch- und Bierpausen hin oder her, respektable fünf Stunden Rock 'n' Roll. A Hard Day's Night. Gut, die echten Beatles spielten bei ihren Hamburg-Aufenthalten zwischen 1960 und 1962 bis zu neun Stunden von abends früh bis morgens spät, aber damals gingen die Uhren eben anders.

"Der Trend geht wieder zum Langkonzert", schrieb auch der "Tagesspiegel" gestern in einer Elvis-Costello-Kritik, nur um im Anschluss gleich zu relativieren: "Zumindest bei älteren Semestern der Rockmusik: Unter zweieinhalb Stunden machen es verdiente Schwerarbeiter wie Crosby & Nash oder die Cowboy Junkies offenbar nicht mehr." Stimmt, bei vielen Newcomern, die gerade ihr erstes Album veröffentlicht haben, oder bei notorisch faulen US-Rappern ist eine Stunde Spielzeit oft das Höchste des Zeitgefühls.

Allerdings sind zweieinhalb oder wie bei Lotto King Karl gern auch dreieinhalb Stunden Konzertmarathon doch eher was für Fans mit Lust am Kraftakt. Man kann ja auch in nur zwei Stunden Setlisten wie Teppiche ausrollen wie bei den letzten Hamburg-Auftritten von Wir Sind Helden oder Beatsteaks. Und dass es manchmal auf alles ankommt, nur nicht auf die Länge, zeigten auch schon die Beatles. Jeder, der dabei war, spricht noch heute über die beiden Hamburg-Konzerte 1966. Spielzeit pro Auftritt bei der "Blitztournee": 30 Minuten.