Weiterentwicklung von Bürgerentscheiden notwendig

In Hamburgs Norden ist der Neubau einer in die Jahre gekommenen Wohnsiedlung per Bürgerbegehren gestoppt worden. An der Abstimmung über den Bebauungsplan "Langenhorn 73" sind mehrere Punkte ärgerlich, und deswegen ist dieser Fall besonders geeignet, um daraus Konsequenzen für die notwendige Weiterentwicklung der Volksgesetzgebung zu ziehen.

Weniger als 15 Prozent der Wahlberechtigten im Bezirk Hamburg-Nord haben abgestimmt. Zwar stimmten knapp zwei Drittel von ihnen gegen den Neubau, aber insgesamt nur rund zehn Prozent der Wahlberechtigten. Eine Ursache für die geringe Beteiligung mag darin liegen, dass die meisten Menschen nicht persönlich von dem Bauprojekt berührt sind, weder Nach- noch Vorteile haben. Es handelt sich also um ein lokal begrenztes Thema. Das wirft die Frage auf, ob die Quoren für den Erfolg eines Bürgerbegehrens erhöht werden müssen. Vieles spricht dafür, damit Einzelinteressen nicht so leicht das Gemeinwohl überlagern können.

Ärgerlich an "Langenhorn 73" ist außerdem, dass das Projekt abgelehnt wurde, obwohl im Vorfeld der Weg der Moderation beschritten wurde. Hier gab es gerade nicht das klassische Muster eines bösen Investors, der sich die Bürokratie gefügig gemacht hat, um Menschen mit geringen Einkommen durch den Bau von Luxuswohnungen zu vertreiben. Im Gegenteil: Die Eigentümer haben den Mietern der Siedlung Kündigungsschutz gewährt, und viele der Bewohner sind für Abriss und Neubau.

Wir tun gut daran, die direkte Demokratie als zweite Säule neben den Parlamenten zu akzeptieren. Plebiszite können ein Mittel gegen Politikabstinenz sein. Aber dieses in Deutschland noch relativ neue Instrument muss entwickelt werden. Bezogen auf Hamburg heißt das auch: Die Regierbarkeit der Stadt muss im Blick bleiben. Hamburg kann es sich nicht leisten, dass jedes zweite Bauprojekt per Bürgerbegehren torpediert wird.

Es gehört zur Demokratie, Niederlagen bei Abstimmungen zu akzeptieren. Es gehört aber ebenso dazu, zu Kompromissen bereit zu sein. Das gilt auch für Bürgerinitiativen.