Stellingen. Wenn es November wird in Hamburg, dann steht für Dominik wieder das Stöckchenholen auf dem Programm. Eifrig schleppt er Ast für Ast herbei, um daraus für seine Angebetete ein wagenradgroßes, 20 Zentimeter hohes Nest zu bauen. Das bleibt allerdings auf dem Boden - ebenso wie seine beiden "Besetzer". Was die ganze Aktion nicht weniger spektakulär macht. Sind Dominik und sein Weibchen doch Rosapelikane und damit schon eine Schau für sich.

Breite Füße mit Schwimmhäuten, in Quietschrosa, erinnern an Omas alte Gummibadekappe. Dazu kommt ein Schnabel, der im Vogelreich seinesgleichen sucht: Ein harter Oberschnabel wird durch einen dehnbaren Unterschnabelsack ergänzt. "Der dient den Vögeln als Fischernetz", sagt Ina Gooßen. "Zehn Liter Wasser oder vier Kilogramm Fisch passen da hinein."

Bei Hagenbeck sorgen die Reviertierpflegerin oder einer ihrer Kollegen für den richtigen Füllungsgrad des Schnabels. Zweimal täglich gibt es für die Rosapelikane eine Ladung Rotfedern, die, bitte keine Verwirrung ob des Namens, Fische sind und keine Vögel. Was hier im Stellinger Tierpark den Pelikanen frei Schnabel geliefert wird, müssen sie sich in freier Wildbahn mit einer ausgefeilten Jagdtechnik erbeuten. Gooßen: "Dazu schließen sich mehrere Vögel zusammen, bilden einen Halbkreis und schlagen mit den Flügeln auf das Wasser. So treiben sie die Fische zusammen, die sie dann durch das Herabstoßen der Schnäbel erbeuten."

Mit einer Länge von 160 Zentimetern und einer Flügelspannweite von 280 Zentimetern ist der Rosapelikan einer der größeren Pelikanvertreter. Sein weißes Gefieder, das jetzt zur Brutsaison einen rosa Hauch bekommt, offenbart nur im Flug eine weitere Farbe: Die Schwungfedern der Vögel sind schwarz. "Rosapelikane sind sehr elegante Flieger", sagt Ina Gooßen. Dabei nutzen die großen Vögel vor allem die Thermik zu einem energiesparenden Segelflug aus. Bei Hagenbeck sieht man davon allerdings nichts: Um die Vögel auf ihrem Teich zu halten, werden die Schwungfedern regelmäßig beschnitten.

Jetzt zum Winter hin ist Dominik aber eh nicht nach Fliegen zumute. Die Beule auf dem Kopf des Männchens schwillt an, bedingt durch Hormone - es ist Paarungszeit! Mit drei anderen Paaren wird er sich jetzt um das Nistmaterial und den besten Brutplatz balgen. Insgesamt 15 Rosapelikane teilen sich ab dieser Woche das Innengehege des Hauses, in dem auch die Nasenbären ihren Innenbereich haben. "Wir holen die Pelikane zum Winter rein, weil sie normalerweise ein wärmeres Klima gewohnt sind", sagt Ina Gooßen.

Rosapelikane brüten von Südosteuropa bis Asien in Sümpfen und seichten Seen. Im südlichen Afrika kommen sie unter anderem in Nordbotswana, Westnamibia und an der Westküste Südafrikas an Süß- und Salzwasser vor. Populationen, die in Europa, etwa im Donaudelta in Rumänien, vorkommen, überwintern in Nordostafrika.

Bei Hagenbeck wird also im warmen Innenhaus überwintert, bis März - und hinter einer Scheibe, durch die die Besucher das Brutgeschäft sehen können. Dabei könnte ihnen allerdings eine Sache entgehen, die auch die Pelikane nicht so recht mitbekommen: "Wir tauschen die Eier gegen Kalkeier aus", verrät Ina Gooßen. Die befruchteten Vogeleier kommen für 30 Tage in den Brutschrank, während die Vogeleltern liebevoll Kunsteier betüddeln. "Weil wir zum Saubermachen ins Gehege gehen müssen, hat es vorher immer wieder Verluste bei der Brut gegeben", erklärt die Tierpflegerin. So ist jetzt ein sicheres Ausbrüten gewährleistet - und so bald es im Ei piepst, wird dieses wieder den Eltern untergeschoben. Der Nachwuchs schlüpft im Nest - dafür lohnt sich doch das Stöckchenschleppen.

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