Auf dem weltgrößten Parkfriedhof herrscht Wandel. Bald eröffnet das neue Bestattungsforum, doch die Mitarbeiter bleiben das Wichtigste.

Hamburg. Er ist der größte Parkfriedhof der Welt und bietet zudem noch ein blühendes Stück Natur mitten in der Großstadt. Der Friedhof Ohlsdorf mit seinen 391 Hektar ist dreimal so groß wie die Außenalster und Hamburgs weitläufigster Park. Eine Stätte der Stille und der Begegnung, ein Ort für Trost und Erinnerung. In diesem Monat werden besonders viele Hamburger den im Jahre 1877 gegründeten Friedhof besuchen, auf dem bisher rund 1,8 Millionen Beisetzungen stattgefunden haben.

Die Bestatter sagen, wenn die Blätter gehen, sterben die Menschen. Der November gilt allgemein als Trauermonat. Allerheiligen und Allerseelen, Volkstrauertag und Totensonntag - in keinen anderen vier Wochen des Jahres gedenken die Menschen unterschiedlicher Konfessionen derart intensiv ihrer Verstorbenen und setzen sich mit dem Tod auseinander.

Immer noch ist der Tod für viele ein Tabuthema und wird am liebsten verdrängt. Dabei braucht die Zukunft Erinnerung. Wo kommen wir her? Wo sind unsere Wurzeln? Und deshalb kommt dem Friedhof auch heute noch eine große Bedeutung zu - auch wenn sich der Umgang mit dem Tod in unserer Gesellschaft ziemlich radikal gewandelt hat.

Die IT-Expertin

Der Gärtner

Der Gruft-Arbeiter

Der Chef

Die Managerin

Der Besucher

Die Patin

Das Verhältnis von 70 Prozent Sarg- und 30 Prozent Urnenbestattungen hat sich in den letzten Jahrzehnten umgedreht. Von den rund 7500 Beisetzungen, die 2010 in Ohlsdorf und Öjendorf stattgefunden haben, waren 1500 Sarg- und 6000 Urnenbeisetzungen, davon 2150 anonym.

Der Friedhof Ohlsdorf hat auf die neuen Bedürfnisse der Menschen reagiert. Immer mehr wünschen sich eine individuelle Gestaltung ihrer Trauerfeier. Moderne Beisetzungsformen sind der Ohlsdorfer Ruhewald oder die Baumgräber. Seit einigen Jahren gibt es die Paar-Anlage und den Garten der Frauen. Es gibt weitere Themengrabstätten wie den Rosenhain, den Schmetterlingsgarten oder die Kinderbegräbnisstätte. Auch Beisetzungen nach islamischem Ritus sind möglich, einschließlich ritueller Waschungen.

Am 10. November wird das neue Bestattungsforum eingeweiht. 25 Millionen Euro hat es gekostet, entstanden ist in 18 Monaten Bauzeit ein "Raum der Ruhe" als moderner und gleichzeitig unauffälliger Anbau an die historische Fritz-Schumacher-Halle, die denkmalschutzgerecht renoviert worden ist. Drei Feierhallen, Familienräume, spezielle Abschiedsräume, die mit einem Chip-System von den Angehörigen rund um die Uhr aufgesucht werden können, zwei überirdische Urnen-Grabstätten (Urnenkrypta und Kolumbarium), dazu Räume für Ausstellungen und Lesungen sowie eine eigene Gastronomie - das Bestattungsforum ist ein einzigartiges Trauer-Gebäude in Deutschland.

Ohlsdorf ist aber nicht nur der größte, sondern auch einer der modernsten Friedhöfe der Welt. Die Verwaltung, Pflegeabwicklung und Kartografie der 236 000 Grabstellen in Ohlsdorf sowie der 72 500 Gräber in Öjendorf erfolgt inzwischen komplett digital mit dem eigenen Friedhofsinformationssystem FRITS. Ohne die 350 Menschen aber, die den Betrieb Ohlsdorf - eine Anstalt öffentlichen Rechts - jeden Tag lebendig gestalten, würde es nicht gehen. Dazu kommen die vielen Paten und Förderer des Friedhofs, auf dem zahlreiche Hamburger Prominente wie Fritz Schumacher, Hans Albers, Wolfgang Borchert, Gustaf Gründgens, Ida Ehre, Heinz Erhardt, Inge Meysel oder Loki Schmidt bestattet sind.

Wir haben stellvertretend für alle Mitarbeiter mit sieben Menschen des Unternehmens gesprochen. Sie sorgen dafür, dass der Friedhof Ohlsdorf, den der Hamburger Schriftsteller Wolfgang Borchert einmal treffend als den "gepflegtesten Urwald der Welt" bezeichnet hat, mit seinen zwölf Kapellen, zwei Buslinien und 17 Kilometer Straßen viel mehr ist als nur eine Begräbnisstätte.

Jens Blümke, 44, ist Gärtnermeister und arbeitet seit 25 Jahren auf dem Ohlsdorfer Friedhof