Eine Glosse von Achim Leoni

Vor 2500 Jahren, als aus Griechenland noch gute Nachrichten kamen, soll sich ein gewisser Pheidippides auf den 40 Kilometer langen Weg von Marathon nach Athen gemacht haben, um den Menschen der Stadt die Kunde vom Sieg über das persische Heer zu bringen. Der Legende nach brach er unmittelbar nach seiner Ankunft tot zusammen. Wer hätte damals gedacht, dass Pheidippides gerade einen Volkssport begründet hatte, genauer: den Sport des Volkes der Kalendjin, dem fast alle Spitzenläufer Kenias entstammen?

Demnächst muss der nationale Leichtathletik-Verband drei Läufer benennen, die das Land beim olympischen Marathon 2012 in London vertreten. Es dürfte ein enges Rennen werden. Weltrekordler Patrick Makau und Weltmeister Abel Kirui waren vorschnell gesetzt worden. Doch als Wilson Kipsang kürzlich nur vier Sekunden an Makaus Marke vorbeirannte, wurde die Reservierung wieder storniert. Und dann gibt es da ja noch Geoffrey Mutai und Moses Mosop, die noch schneller waren, wenn auch unter nicht anerkannten Bedingungen.

Von den 20 Besten der Marathon-Weltrangliste kommt nur einer nicht aus Kenia. Er liegt auf Platz 20. Der beste Europäer findet sich auf Platz 88. Nie zuvor hat ein Land eine olympische Disziplin so dominiert. Jetzt sucht Kenia den Superläufer.

In diesem Punkt hatten es die Griechen bei der olympischen Premiere 1896 leichter. Sie fragten den Wasserträger Spyridon Louis einfach, ob er nicht an einem Vorbereitungslauf teilnehmen wolle. Er wurde schließlich nominiert, gewann die Goldmedaille und stieg zum Volkshelden auf. Unterwegs hatte er im Wirtshaus zur Stärkung ein Glas Wein getrunken.