Der Chaos-Sonntag von Tom R. Schulz

Theoretisch hat uns der vergangene Sonntag eine Stunde Lebenszeit geschenkt. Trotzdem markiert er den bisherigen Tiefpunkt im Zeitmanagement Ihres stets um die Wahrnehmung interessanter Konzerte bemühten Kulturredakteurs. Mein Plan: Pat Metheny hören, vorher beim Roy Frank Orchestra reinschauen. Doch o Schreck! Der für das Konzert des genialen Flötisten Emanuel Pahud mit dem kammerorchesterbasel eingeplante Rezensent fiel kurzfristig aus. Ist doch zu schaffen: 19 Uhr Roy Frank, eine halbe Stunde später nach nebenan, dann mit einer Dreiviertelstunde Verspätung zu Pat Metheny. Der spielt sowieso immer gern zwei, drei Stunden, also mindestens bis halb elf, da kriegst du noch genug mit.

Der Mensch denkt, die Uhr lenkt. Roy Franks auf Kante gebügelten Bigband-Jazz für Silver Agers nach 20 Minuten zu verlassen fiel mir kein bisschen schwer. Nebenan blies Pahud göttlich schön auf seiner goldenen Flöte, und das Orchester war so gut, dass ich gern noch für die Achte von Beethoven geblieben wäre. Doch Pat rief. Also hoch zu Kampnagel.

20.45 Uhr, Kasse schon zu - kein Wunder, ich war ja spät. Durch die Mauer der K 6 war Methenys jubelndes Gegniedel zu hören. Alles gut. Zwei Einlassschränke prüften meinen Namen. Einer der beiden wünschte mir mit schiefem Grinsen "viel Spaß bei den letzten zehn Minuten". Wie bitte? "Ja, der hat pünktlich angefangen. Um sieben. Und spielt laut Plan zwei Stunden." Die Moral von der Geschicht': Die beste Absicht schützt vor schlechtem Timing nicht.