Von Schönfärbereien und dem richtigen Tönen: Wenn auch Männer attraktiver sein wollen, als sie eigentlich sind

Jetzt, im Herbst, verfärben sich nicht nur die Blätter. Kürzlich, als sich unsere Wege einer Lesereise in Hessens Wetterau kreuzten, wurde mir ein Bonmot von Jan Weiler nacherzählt, der sich auf den Kopfschmuck des hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier bezog. Es geht so: Bouffier sehe so aus, als ob er über der Perücke noch ein Toupet trüge. Das ist gut beobachtet, aber sicher nicht wahr.

Mir fiel nur die Frage ein: Und über die Farbe sagte Weiler gar nichts? Die ist von jenem abenteuerlichen Blond, das bei Frauen an jedem rot schimmernden Scheitelpunkt verrät, dass es sich um keine echte Blondine handelt und man daher auch keinen Blondinenwitz über sie reißen darf. Bei Bouffier, der Anwalt ist, erinnert die Farbe eher an den Bonvivant-Beruf, den man in Hessen als Ministerpräsident bestenfalls beim Küssen von Weinköniginnen ausüben kann.

Jetzt hat der Anwalt ohne Not und ohne Druck von außen gestanden. "Ja, ich färbe meine Haare. Ich mache das auf Anraten meiner Frau. Eigentlich bin ich grauer." Hinter jedem tüchtigen Mann steckt eine tatkräftige Frau, lautet die Regel. Und: "Grau ist alle Theorie und Grün des Lebens goldener Baum", heißt es bei Faust, der auch jünger aussehen wollte, von dem aber über Haarverfärbungen nichts berichtet wird.

Sieht man auf Farbfotos das Kupfergold des in Skalpnähe ins Grünliche schimmernden Haupthaars des hessischen MP, so weiß man, wie recht Goethe mit seiner Farbenlehre hatte. Und wie klug beraten Bouffier ist, etwas zu gestehen, noch ehe er überhaupt angeklagt worden ist. "Ja, ich lasse tönen", tönte er im Unterschied zu Ex-Bundeskanzler Schröder, der es für nötig befand, die Behauptung einer Stilberaterin, er färbe sich die Haare, gerichtlich untersagen zu lassen.

Seit der Zeit gönnte ich mir das Vergnügen, wenigstens solange der Putin-Freund noch nicht Ex-Kanzler war, jedes Mal zu schreiben: "Schröder, von dem man nicht behaupten darf, dass er sich die Haare färbt." Das klebt wie Pech, um nicht zu sagen, wie Schwarzkopf an der Person.

Im Zusammenhang mit Bouffier tauchte in meiner Erinnerung und in Presseberichten der auch unnachahmlich blonde Ex-Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust, auf. Hatte er bei seinem beneidenswert intakten Haupthaar, das Jan Weiler sicher auch an ein Toupet oder an eine Perücke erinnert hätte, farblich nachgeholfen? Wen juckt's noch!

Vor geraumer Zeit, oder um es stilgerecht zu sagen: Lang, lang ist's hair, dichtete Oscar Wilde über die plötzliche Trauer einer Witwe: "Die hochadelige Lady sei beim Tod ihres Gatten über Nacht vor Kummer erblondet." Eine lustige Witwe sozusagen.