Eine Roman-Androhung von Tom R. Schulz

SMS in dreistelliger Millionenhöhe gehen täglich auf deutschen Handys ein. Wir wissen nicht, wie viele der Knubbeldaumenautoren die Kürze so gehaltvoll zu nutzen verstehen wie die Verfasser von Epigrammen oder Haikus, die in 17 Silben auf den Punkt kommen müssen. Allzu viele werden es nicht sein, denn wenn der literarisch inspirierte Zeitgenosse sich ohne Zeichenbegrenzung schriftlich äußern darf, vulgo: einen Roman schreibt, dann macht er's ungern unter 500 Seiten. Lektoren, die auf sich halten, nehmen Manuskripte mit weniger als einem Kilo Lebendgewicht nicht mehr an. Der Trend ist bezeichnend; auf unseren Displays fassen wir uns kurz, die Belletristik verliert jedes Maß. Können wir uns nur noch in Extremen mitteilen wie das Wetter? Sehr kurz, sehr lang, sehr heiß, sehr kalt?

Schauen Sie, dieser Gedanke hätte locker in eine SMS gepasst. Aber wenn ich's recht überlege, genügt mir dafür jetzt auch diese Kommentarspalte nicht mehr. Mein Mitteilungsbedürfnis wird in dieser Zeitung sowieso dauernd beschränkt. In mir wohnen Romane, sage ich Ihnen. Jeden Tag könnte ich einen neuen gebären. Ich weiß, ich bin nicht allein, vielen von Ihnen geht es ähnlich. Sie und ich, wir kommen bloß meistens nicht dazu, vor lauter Lesen solcher entbehrlicher Texte wie diesem hier, vor lauter Mails und SMS-Checken, und, logo, vor lauter SMS-Schreiben. Obwohl - ich gehe jetzt gleich nach Hause und fange an. Oder morgen. Versprochen.