Berlin setzt bei Euro-Rettung auf Solidarität und Solidität

Das Verhandlungsmandat des Bundestages für Kanzlerin Merkel ist mutig ausgefallen, und es ist beeindruckend zugleich. Denn dieses Mal haben, nach einer ernsten wie leidenschaftlichen Debatte, neben den Abgeordneten der Koalition auch die meisten Parlamentarier der SPD und der Grünen für einen erweiterten Rettungsschirm EFSF gestimmt. Nur die Linke, die ständig von Solidarität redet, ist dagegen.

Auch wenn die Zustimmung vielen zu Recht schwerfällt und Deutschland hohe Risiken eingeht - die Ablehnung hätte das Gemeinschaftsprojekt Euro dem Abgrund noch ein Stück näher gebracht. Das Verhandlungsmandat mit der breiten parlamentarischen Mehrheit ist ein Signal des Vertrauens in Europa und ein Ausrufezeichen an andere Staaten.

Denn es beweist zugleich, warum es Deutschland möglicherweise besser geht als vielen südeuropäischen Staaten. Es mag überheblich klingen, aber diese deutsche parlamentarische Kultur dürfen sich Italiener oder Griechen gern zum Vorbild nehmen. Zum Beispiel Athen: Dort streiten die Parteien im Parlament erbittert um jedes Spargesetz; selbst in der Stunde der drohenden Staatspleite regieren Zank und Hader, die Ausgangslage für die nächste Wahl ist vielen griechischen Oppositionspolitikern wichtiger als die Zukunft des Landes. Oder das Beispiel Italien: Dass das Land nun mit im Schuldensumpf zu versinken droht, hat weniger mit der Finanzstruktur zu tun als vielmehr mit geradezu grotesken Gestalten. Ministerpräsident Silvio Berlusconi und sein populistischer Koalitionspartner Umberto Bossi sind derzeit die schlimmsten Krisenbeschleuniger in Euro-Land.

Während die Nordeuropäer im Vertrauen auf die europäische Idee - und ihren eigenen Vorteil aus dem Euro - Milliardenrisiken relativ geräuscharm übernehmen, streiten und empören sich die Pleitiers. Diese Entfremdung - erst drifteten die Staaten finanziell auseinander, nun entzweien sie sich auch noch politisch -, birgt für Europa weitere Brisanz.

Die deutsche Geste im Bundestag macht da etwas Mut. Bleibt zu hoffen, dass diese Sternstunde parlamentarischer Verantwortung die Geburtsstunde eines besseren Europa ist.