Chaotische Zustände in den Kundenzentren sind offenbar vorbei, ergaben Abendblatt-Stichproben. Dabei ist der neue “ePerso“ sehr beliebt.

Hamburg. Er ist handlich wie ein Scheckkarte und soll mit Zusatzfunktionen, zum Beispiel bei Behördengängen und Einkäufen, zukunftsweisend sein: Seit knapp einem Jahr ist auch in Hamburg der neue Bundespersonalausweis erhältlich. Und wie die aktuellen Zahlen belegen, ist der sogenannte "ePerso" beliebt: Die Zahl der beantragten Personalausweise stieg seit November 2010 um mehr als ein Drittel, wie das Bezirksamt Harburg meldet, das für alle sieben Bezirke die Koordination dieses Themas übernommen hat.

Danach haben in der Zeit vom 1. November 2010, dem Start des neuen Ausweises, bis zum 14. Oktober 2011 genau 193.378 Hamburger den Ausweis beantragt. Das entspricht einem Plus von mehr als 33 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum vor zwei Jahren, als es den neuen Ausweis noch nicht gab und es nur rund 145.000 waren.

Allein im vergangenen November wurden schon 24.700 neue Ausweise beantragt. Im November 2009 waren es nur 8310. "Die Zahlen des Jahres 2010 kann man nicht vergleichen, weil diese wegen der Erneuerung abgelaufener Ausweise ehemaliger DDR-Bürger sehr hoch waren", sagt Behördensprecherin Beatrice Göring. "Die aktuellen Zahlen zeigen, dass der neue Personalausweis offenbar stark nachgefragt ist", sagt Markus Schreiber (SPD), Chef des Bezirksamtes Mitte.

Bei der Einführung des neuen "Perso" war es in den Kundenzentren der Bezirksämter zu teilweise chaotischen Zuständen gekommen, weil die neue Software nicht immer fehlerfrei funktionierte und Personal fehlte. Das hatte sogar zu Schließungen einzelner Kundenzentren geführt. Diese Probleme seien weitgehend behoben, melden die Ämter. "Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt momentan zehn bis 30 Minuten - und zwar jeweils für Beantragung und Ausgabe", sagt Beatrice Göring. Ein ähnliches Ergebnis ergab ein Test des Abendblatts an einem Oktobertag jeweils um Punkt 10 Uhr in allen sieben Ämtern. Ergebnis: Die Bearbeitungszeit betrug fast überall nur etwa fünf Minuten. Schlangen wartender Kunden waren nicht zu beobachten. Trotzdem gibt Amtsleiter Markus Schreiber, einer der Kritiker des Software-Unternehmens Dataport, das den "Perso" betreut, noch keine Entwarnung. Nach seinen Angaben habe sich die Gesamtbearbeitungszeit bei 30 Minuten in den Mitte-Ausgabestellen eingependelt. "Das ist doppelt so lange wie bisher. Leider stürzt die EDV manchmal ab." Das führe gelegentlich zu stundenlangen Wartezeiten.

Dataport bestreitet dies. "Bei uns läuft mit dem neuen Personalausweis alles rund. Ausnahmen sind punktuelle und temporäre Störungen, sodass wir Schwierigkeiten in Einzelfällen nicht ausschließen können. Für ein Verfahren wie dieses ist das vollkommen normal", sagt Sprecherin Britta Heinrich.

Um den Schwierigkeiten zu begegnen, rüstet der Bezirk Mitte auf. "Wir haben aus eigener Tasche drei zusätzliche Mitarbeiter eingesetzt", sagt Schreiber. Zudem werde das Kundenzentrum am Steindamm vergrößert. Ende November soll ein Anbau fertig sein. Schreiber: "Das Warten wird dann entspannter." Der neue Ausweis ist mit 28,80 Euro viermal so teuer wie der alte. "Von den 28,80 Euro sollten die Bezirke eigentlich sechs Euro erhalten. Doch es ist wie früher nur ein Euro." Das Plus würde fast eine Million Euro erbringen, von der man 20 Mitarbeiter finanzieren könnte. Seit Einführung des neuen Ausweises haben die sieben Bezirksämter insgesamt elf Mitarbeiter mehr in den Kundenzentren.

Dass im Sommer die Wartezeiten tatsächlich länger waren, belegt die Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Dennis Gladiator. So lag im Monat August das Kundenzentrum Mitte an der Steinstraße mit einer durchschnittlichen Wartezeit von 105 Minuten an der Spitze, gefolgt von Süderelbe (90 Minuten), Stellingen (70 Minuten) und Billstedt (61 Minuten). Positiver Spitzenreiter aller 30 Ausgabestellen war Walddörfer mit neun Minuten. Ein Test des Abendblatts in den sieben Bezirksämtern ergab ein entspanntes Bild. Sieben Abendblatt-Reporter zogen zeitgleich je eine Wartenummer und stoppten die Dauer, bis sie an der Reihe waren und die Bearbeitungszeit. Dieser Test ist nur eine Momentaufnahme, denn der größte Andrang ist in den Zentren unterschiedlich. So liegt er zum Beispiel in Mitte in der Mittagszeit und in Bergedorf am späten Nachmittag.

Einwohnermeldeamt Bergedorf: Nur wenige der 36 Stühle im neuen Einwohnermeldeamt im CCB-Einkaufszentrum sind besetzt. An der Ausgabestelle der Personalausweise steht eine junge Frau, die nach vier Minuten ihren Ausweis in der Hand hält und geht. Auffallend ist die entspannte Stimmung und die Freundlichkeit der Mitarbeiter, die auch mal Menschen, die sich nicht sofort orientieren können, ansprechen: "Wie kann man Ihnen helfen?" Die durchschnittliche Wartezeit in der Zeit von zehn bis elf Uhr betrug fünf Minuten. Hier hatte die durchschnittliche Wartezeit nach Senatsauskunft im August noch 25 Minuten betragen.

Kundenzentrum Harburg: Lediglich vor der Ausländerabteilung im zweiten Stock warten 20 Menschen. In der Einwohnerstelle im ersten Stock ist kein Kunde. Hier hatte die Wartezeit laut Senat im August noch durchschnittlich 45 Minuten betragen.

Kundenzentrum Nord: Es ist keine Schlange zu sehen. Auf Anfrage, wo man denn seinen Personalausweis abholen könne, meinte die junge Frau an der Rezeption: "Hier, bei mir, geben Sie mir einfach Ihren alten." Ob es keine Wartezeiten gebe? "Nein, hier gibt es kein Warten, hier muss man auch keine Nummer ziehen, einfach direkt bei mir abholen." Beantragen könne man ihn an den Schaltern nebenan - auch da ist kaum etwas los. "Das ging eigentlich ganz fix und ohne Probleme", sagt eine Kundin.

Kundenzentrum Wandsbek: Bürger, die im Amt an der Schlossstraße einen Personalausweis wollen, werden an Schalter 7 verwiesen. Schalter 7 war allerdings "vorübergehend nicht besetzt". Auf Nachfrage am Schalter nebenan sagte die Mitarbeiterin: "Das können Sie auch bei mir machen. Geben Sie mir mal Ihren alten Ausweis." Die Kundin wurde umgehend bedient. Dabei lag die durchschnittliche Wartezeit im August nach Senatsauskunft bei 30 Minuten.

Mitte: Den Positivrekord stellt das Kundenzentrum an der Steinstraße auf: Der einzige Kunde am Schalter der Ausgabestelle kommt nach 20 Sekunden dran und ist nach wenigen Minuten fertig.

Altona: Die Reporterin zieht eine Nummer und ist nach 20 Minuten dran. Andere Kunden erzählen, dass sie nur zehn Minuten warten mussten. In den Monaten Januar bis August hatte laut Senat hier die durchschnittliche Wartezeit 74 Minuten betragen.

Eimsbüttel. Nur vier Personen sind noch vor der Abendblatt-Testerin an der Reihe. Nach drei Minuten ist der Schalter erreicht. Auch andere Kunden warten nicht länger. "Der Service ist erste Klasse", sagt Michael Feulner, 50, der seinen neuen Ausweis abgeholt hat. "Schnell, nett, kompetent."