Die Häuschen sind größer als die erlaubten 24 Quadratmeter. Nun sollen sie weg - wegen der Internationalen Gartenschau 2013.

Wilhelmsburg. Eine deutsche Gartenlaube darf nicht mehr als 24 Quadratmeter Grundfläche haben. So steht es im Bundeskleingartengesetz. Das gilt natürlich auch für die Kleingartenvereine in der Umgebung und auf dem Gelände der Internationalen Gartenschau (igs) in Wilhelmsburg, die im April 2013 eröffnet werden soll. So weit die Theorie. Tatsächlich sind die meisten Häuschen in Hamburg größer - was jahrzehntelang niemanden störte. Doch jetzt entdeckt das Bezirksamt Mitte das Gesetz - und verlangt, dass rund 300 Lauben in Wilhelmsburg "zurückgebaut", in der Regel also abgerissen werden. Etwa 280 Kleingärtner haben sich daher zur Initiative "gegen den Rückbau von Gartenlauben" zusammengeschlossen, obwohl sogar der eigene Landesbund der Gartenfreunde das Vorgehen der Stadt unterstützt.

Das Bezirksamt Mitte hat im Auftrag der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) eigens ein "Handlungskonzept im Umgang mit nicht ordnungsgemäßen Zuständen in den Kleingartenvereinen in Hamburg-Mitte" verfasst. Denn die igs soll sich, heißt es in einem Schreiben der BSU, "in einwandfreier Form entsprechend des Kleingartenrechts präsentieren".

Mitte-Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD): "Es darf keine Internationale Gartenschau der Bauverstöße geben." Der Bezirk Mitte werde nun im Auftrag der BSU und igs Sorge dafür tragen, dass die Lauben unverzüglich abgerissen werden. Schreiber kündigte an: "Wer sich weigert, muss mit dem zwangsweisen Rückbau der Lauben und Geldbußen rechnen." Der igs-Geschäftsführer Heiner Baumgarten sagt: "Wir können den Besuchern auf einer Gartenausstellung keine Bauverstöße präsentieren. Deshalb müssen hier geordnete Verhältnisse geschaffen werden." Auch Dirk Sielmann, Geschäftsführer des Landesbundes der Gartenfreunde in Hamburg, sagt: "Wir haben ein Bundeskleingartengesetz und daran müssen sich die Gartenfreunde halten." Es schade dem Image der Kleingärtner, wenn sie sich auf einer Internationalen Gartenschau mit nicht gesetzeskonformen Lauben präsentierten.

Doch Jürgen Hielscher, Vorsitzender Bezirksgruppe Wilhelmsburg innerhalb des Landesbundes, ist sauer: "Es haben sich jahrzehntelang weder die Behörde noch der Landesbund an den zu großen Lauben gestört. Aber jetzt plötzlich wegen der igs soll gehandelt werden. Das ist nicht nachvollziehbar." Der eigene Landesbund habe die Kleingärtner bei der Behörde angeschwärzt und so dafür gesorgt, dass der Bezirk die Kleingärten im Februar 2011 millimetergenau vermessen habe.

Hielscher redet sich regelrecht in Rage und fragt: "Warum wird denn nur hier in Wilhelmsburg Jagd auf zu große Lauben gemacht, obwohl es in Hamburg Tausende Verstöße gibt?" Dazu Dirk Sielmann: "Die igs macht diesen Schritt erforderlich. Auch für alle anderen Kleingärten in Hamburg gilt die 24-Quadratmeter-Regelung. Aber bisher hat die Stadt Verstöße nicht geahndet." Und das hat offenbar auch niemand vor.

Die betroffenen Kleingärtner wollen für ihre geliebten Lauben kämpfen. Bereits 2008 wurden sie zum Rückbau der Lauben aufgefordert, blieben aber standhaft: "Wir haben uns hier über Jahrzehnte unser kleines Paradies geschaffen und dazu gehört auch die Laube mit ihren Anbauten. Das lassen wir uns nicht einfach so kaputt machen", sagt Heinz Erdmann. Der 75-Jährige hat seinen Kleingarten im Verein Am Bracksee, der in das igs-Gelände integriert wurde, bereits seit 35 Jahren. Bei ihm müsste ein Teil der Überdachung rund um die Laube abgerissen werden. Auch Günter Schröder ist betroffen. Bei ihm geht es um einen an die Laube angebauten Schuppen: "Ich glaube kaum, dass dieser Schuppen hinter der Laube irgendein igs-Besucher zu Gesicht bekommt." Allerdings kommt der Bezirk den Kleingärtnern entgegen und toleriert um bis zu zehn Prozent größere Häuschen.

"Die Kleingärtner in Wilhelmsburg wissen seit 2008, dass sie zurückbauen müssen. Nun ist auch die Geduld der Politik am Ende, und der Bezirk muss handeln", sagt SPD-Fraktionschef Falko Droßmann. GAL-Fraktionschef Michael Osterburg sagt: "Wir müssen hier mit Augenmaß und Fingerspitzengefühl vorgehen, damit vor allem alteingesessene Kleingärtner nicht ihre gesamte Existenz verlieren."