Hamburgs großer Plan: Nach der Internationalen Gartenschau 2013 in Wilhelmsburg wird das Gelände für Freizeitvergnügen umgestaltet

Wilhelmsburg. Bagger und Planierraupen rollen über das weitläufige Gelände, riesige Kräne helfen, Hallen und Häuser hochzuziehen. Hamburgs derzeit größte Baustelle duldet keine Verzögerungen. Vom 26. April bis zum 13. Oktober 2013 soll die Internationale Gartenschau (igs) 2,5 Millionen Besucher auf die Elbinsel Wilhelmsburg locken. In 80 Gärten wollen die Veranstalter ihre Gäste um die Welt führen.

Heiner Baumgarten, 60, ist mit seinen Gedanken dieser Zeit längst voraus. Und wenn er von der späteren Nutzung des 100 Hektar großen Areals vom Jahr 2014 an spricht, ist sein Redefluss kaum zu stoppen: "Das Leben in einer Großstadt findet draußen statt, auf Straßen, auf Plätzen, in Cafés, auf Wiesen und in Parks. Hamburg braucht Räume, in denen sich die Menschen bewegen und wohlfühlen können. Sport und Gesundheit, für jedermann zugänglich und bezahlbar, sind dabei die zentralen Themen der Zukunft."

Baumgarten ist Geschäftsführer der igs 2013 GmbH. Früher war er in der Umweltbehörde für die Gestaltung von Hamburgs Grünanlagen verantwortlich. Die Idee, Sport und Natur zu verbinden, treibe ihn seit Jahrzehnten um, sagt er. Jetzt darf er sie umsetzen.

"ParkSport" heißt seine Antwort und die seines Teams auf die Herausforderung, "um den Park an die Leute zu bringen und ihn mit dem Stadtteil zu vernetzen". Ein neues Markenzeichen soll hier entstehen, bequem erreichbar über die S-Bahn-Station Wilhelmsburg und die Autobahn 1, das weltweit Nachahmung finden und als Blaupause für andere Hamburger Parks dienen könnte, für den Volks- Stadt- oder Öjendorfer Park. Die Philosophie: ungewöhnlich ist interessant. "Was wir hier vorhaben, gibt es bisher weder im Central Park in New York noch im Londoner Hyde Park", sagt Beate Wagner-Hauthal, 55. Sie koordiniert die igs-Projekte. Die Sportwissenschaftlerin hatte 1984 ihre Examensarbeit zum Thema "Sport und Grün" verfasst.

Die Planungen für die Nachnutzung der igs sind abgeschlossen, alle Baumaßnahmen liegen im Zeitplan. 70 Millionen Euro kostet Hamburg die Gartenschau, weitere Millionen werden von privaten Unternehmen, einer Stiftung und der Bäderland GmbH aufgebracht. In die sportliche Infrastruktur fließen etwa 45 Millionen Euro. Das Geld scheint gut investiert. Auf der Fläche der Internationalen Gartenschau wird Hamburgs modernstes Naherholungsgebiet entstehen, das nicht nur zum Verweilen, sondern vielmehr zum Mitmachen zu Lande, zu Wasser, in Kletterwänden und in Hochseilgärten einlädt. Auch der Leistungssport wird hier ein neues Zuhause finden. Für Basketballer und Wasserballer entstehen neue Trainingszentren, die zudem als Spielstätten bis zur Ersten Bundesliga genutzt werden können.

Das "ParkSport"-Konzept ist auf die Bedürfnisse der Hamburger zugeschnitten. Etwa 400 000 treiben regelmäßig Sport, ohne einem Verein anzugehören. Sie nutzen die Topografie der Stadt, Natur wie Straßen. Laufen, Fitness, Radfahren und Schwimmen sind in dieser Reihenfolge ihre bevorzugten Bewegungsformen. Das hat der Osnabrücker Professor Christian Wopp im Auftrag der Stadt bei einer repräsentativen Befragung von 25 000 Hamburgern ermittelt. Die Ergebnisse flossen 2010 in den Sportentwicklungsplan ein. Die Zukunftskommission Hamburger Sport hat daraus in diesem Sommer eine Dekadenstrategie entwickelt, die Sportsenator Michael Neumann (SPD) in den nächsten Jahren umsetzen will. Das Wilhelmsburger Projekt habe für ihn "Modellcharakter", sagte Neumann.

Im Einzelnen werden im künftigen Wilhelmsburger Inselpark entstehen:

eine Sporthalle für die Inselakademie Basketball und sportliche Sozialarbeit. Ex-Basketballnationalspieler Marvin Willoughby will hier mit seinem Wilhelmsburger Verein Sport ohne Grenzen und mit Unterstützung der Stiftung aus talentiertem Nachwuchs mittelfristig ein Bundesligateam formen. Kosten der Halle im Endausbau, die während der igs als Große Blumenhalle einen zentralen Anlaufpunkt darstellt: 16 Millionen Euro, 4,5 Millionen Euro davon übernimmt eine Stiftung.

Eine drei Kilometer lange, 7,5 Meter breite Kanustrecke durch den Park mit fünf Anlegern. Man kann durch den Assmannkanal und die Ernst-August-Schleuse bis in den Hafen paddeln.

Eine Schwimmhalle (Bäderland) mit dem Landesleistungszentrum Wasserball. Das ist bisher in den Olympiastützpunkt Am Dulsbergbad integriert, in dem die Schwimmer das Sagen haben und die Trainingszeiten bestimmen. Die Halle wird rund 20 Millionen Euro kosten. Das alte Bad an der Dratelnstraße wird abgerissen.

Eine 3,2 Kilometer lange asphaltierte Strecke mit Beleuchtung und Streckenmarkierungen zur Trainingssteuerung nur für Läufer und Walker.

Eine innovative (kommerzielle) Kletterhalle mit einer Höhe von 17 Metern für 4,5 Millionen Euro, gebaut von der Nordwandhallen GmbH. Geplante Eröffnung: Januar 2012.

Ein (kommerzieller) Hochseilgarten, errichtet von der Firma Schattenspringer. Kosten: 800 000 Euro.

Ein Spielfeld für jedes Wetter und ein Wasserfußball-Garten. Dort spielt man knöcheltief im Wasser. Auch einen Boule-Platz soll es geben.

Eine 6,5 Kilometer lange, fünf Meter breite asphaltierte Strecke für Skater und Radfahrer, Teil eines 28 Kilometer langen Freizeit-Rundkurses durch Wilhelmsburg und Veddel.

Eine Skateranlage auf 1800 Quadratmetern mit Hindernissen wie Treppen, "Tables" und Geländern sowie eine Schüssel für Poolfahrer.

Wiesen und Gärten für den Freizeitsport, zum Beispiel Qigong, Tai-Chi.

Für Um- und Anziehen und zum Duschen, so erste Überlegungen, könnte die Basketball-Halle gegen geringe Gebühr genutzt werden.