Ein Kommentar von Birgit Reuther

Es gibt die schöne Formulierung der positiven Langeweile. Das sind jene Phasen, in denen das eigene Leben zu sich kommt und der Geist nicht getrieben wird vom Alltag. Um diesen Zustand zu erreichen, bedarf es einer wichtigen Sache - einer Pause.

Im Theater existiert so etwas ebenfalls. Das sind jene Momente, in denen die Handlung nicht direkt vorangetrieben wird. In denen aber Aktionen und Ideen von der Bühne kurz beim Betrachter einsickern, nachwirken, zünden dürfen. Sprich: Pausen haben eine Funktion. Auch Nicolas Stemann hat in seiner "Faust"-Inszenierung am Thalia Lücken gelassen. Und da er ein sehr guter Regisseur ist, dürfte man meinen: mit Absicht.

Da gibt es etwa zu Beginn jene Situationen, in denen Sebastian Rudolph nach seinen Monologen zum Laptop geht und Musik anstellt. Nein, das sind keine Werbeunterbrechungen wie im Fernsehen, in denen spekuliert werden darf, wie der Film weitergeht. Zwei junge Frauen fühlten sich jedoch genau dann zu Kommentaren bemüßigt. "Das kannte ich, jetzt kommt das und das..." Da wurde also Goethe gelesen. Das ist toll. Man hört Generationen von Kulturpessimisten aufatmen. Aber im Theater gibt es Regeln. Eine lautet: Klappe halten. Eine andere sollte heißen: Nicht immer klatschen. Nichts gegen gepflegten Szenenapplaus. Aber nach gefühlt jedem Abgang? Wirklich? Nicht umsonst gibt es das schöne Wort Schlussapplaus. Das ist ein großes Lob. Die Schauspieler wissen das. Der Rest ist bitte: Ruhe.