Ob Bahnattentäter Terroristen heißen sollen, ist egal

Seit Tagen sind Sicherheitskräfte und Bahn im Alarmzustand, fallen reihenweise Züge aus oder verspäten sich beträchtlich, weil Dutzende Brandsätze an Bahnanlagen gelegt wurden. Viele Termine werden verpasst, Nerven strapaziert, volkswirtschaftlicher Schaden entsteht, und so mancher wird sich besorgt fragen, ob er unter diesen Umständen im Zug noch sicher ist.

In der politischen Debatte scheint aber nach typisch deutscher Manier am wichtigsten zu sein, welches Etikett den Tätern aufgeklebt werden kann: Handelt es sich nun um Terroristen, um terrorähnliche Entwicklungen, gewaltbereite mutmaßliche Linksextremisten oder schlichte Gewalttäter ohne weitere Zusätze - Definitionswut und Haarspalterei sind kaum Grenzen gesetzt. Dabei schimmert dann auch noch durch, dass der quasi lupenreine Terrorist irgendwie eine edlere Variante des Übeltäters sein könnte, weil er schließlich politische Ziele verfolgt, den Staat aus den Angeln heben will, über eine gewisse Organisationsstruktur und Anhängerschaft verfügt. Und über allem schwebt der Mythos RAF.

Nun haben aber auch die berühmtesten Wirrköpfe der bundesdeutschen Geschichte einmal mit kleinen Zündeleien in Kaufhäusern begonnen, und ihre polittheoretischen Ergüsse waren auch nicht brillanter als die der mutmaßlichen Bahnattentäter. Die nehmen für sich in Anspruch, etwas gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan unternehmen zu müssen. Als ob dafür die Bahnfahrer verantwortlich wären!

Das bisher niemand zu Schaden gekommen ist, weder bei den Bahnanschlägen noch bei den Hunderten in Berlin oder Hamburg abgebrannten Autos, ist auch nicht das Verdienst der Täter, sondern glücklichen Umständen und der Feuerwehr zu danken. Statt sich in Semantikübungen zu erschöpfen, gilt es, alle Kraft in die Ergreifung der Täter zu investieren, bevor wirklich noch etwas Ernsthaftes passiert.