Blankenese. Alle stecken sie unter einer Decke, und alle sind sie gegen ihn. Verschwörung. Überall Verschwörung. Es wirkt schon ein wenig zwanghaft, was Marcel B. da so ausbrütet. Wie er über Polizisten redet und in ihnen offenbar nur das Schlechte sieht, alles andere als den "Freund und Helfer". Immer wieder gerät er mit den Ordnungshütern aneinander. Doch Schuld, davon ist der 26-Jährige überzeugt, haben stets die anderen. Er ist schließlich nur das Unschuldslamm. So ganz allerdings scheint dieses Etikett der sanften Kreatur nicht zu passen.

Zuletzt gab es im Februar diese heftigen Reibungspunkte, die den Hamburger jetzt vor das Amtsgericht gebracht haben und die alles andere als harmlos klingen. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Bedrohung wird dem Mann vorgeworfen. Beamte, die alarmiert worden waren, weil Marcel B. angeblich in seiner Wohnung seine Familie mit einer Schusswaffe bedrohte, soll er unter anderem übel beschimpft und ihnen angedroht haben, sie "alle platt" zu machen. "Das war ein Fehler, dass ihr mich angefasst habt. Ich mache euch fertig, ich kenne die Hells Angels", habe er geschrien, heißt es in der Anklage.

Zorn und Empörung schwingen im Prozess in der Stimme von Marcel B. mit, wenn er seine Version der Ereignisse schildert. Gleich mit etlichen Beamten sei die Polizei seinerzeit angerückt, poltert der kräftig gebaute Angeklagte. Unter anderem sei ein "dickerer Polizist mit Brille" mit von der Partie gewesen, der "wie in einem amerikanischen Kriminalfilm" gegen ihn vorgegangen sei. Er sei von den Beamten auf seinem Bett fixiert worden, dann habe der "dickere Polizist mir eine reingelangt. Aber die Polizisten halten natürlich zusammen", wettert er. "Die erzählen eine andere Story, damit der dickere Polizist gut dasteht."

Doch andere rüde zu titulieren und ihnen Leid anzudrohen, scheint Marcel B. nicht wirklich wesensfremd zu sein. Im vergangenen Jahr wurde er zweimal wegen Bedrohung verurteilt, ein weiteres Verfahren läuft, weil er wiederum Beamte beleidigt und ihre Familien mit wüsten sexuellen Drohungen belegt haben soll. "Vielleicht ist das ja Standard bei der Polizei, dass die solche Sätze reinschreiben", wähnt der Angeklagte da wieder ein Komplott.

Die Polizisten, die im Prozess als Zeugen auftreten, haben jedenfalls einen Mann in Erinnerung, der reichlich Schimpfwörter in seinem Repertoire hat und kaum zu bändigen gewesen sei. Marcel B. habe einen Beamten als "fette Sau" beleidigt und zunächst versucht, sich einer Durchsuchung zu widersetzen, erinnert sich ein Polizist als Zeuge.

"Er pöbelte und wurde immer aggressiver." Erst mit mehreren Beamten hätten sie ihn aufs Bett drücken und ihm Handfesseln anlegen können. "Wir brauchten schon Kraft dazu." Der Verdacht, dass der Angeklagte Waffen habe, habe sich übrigens als falsch herausgestellt, erzählt der Beamte. Genau so verkehrt sei aber auch die Unterstellung, ein Polizist habe dem 26-Jährigen einen Hieb versetzt. Einen Schlag habe es "definitiv nicht gegeben", versichert der Polizist. Und auch zwei seiner Kollegen sagen unisono, dass gegen Marcel B. keine Gewalt angewandt worden sei. "Einen Schlag hätte ich sehen müssen. Und warum sollten wir das auch tun?", fragt einer. "Der Mann war doch fixiert." Diese Aussagen quittiert der Angeklagte mit spöttischem Grinsen.

Doch für die Staatsanwältin ist das Ergebnis der Beweisaufnahme klar: Wenn der Angeklagte behaupte, es gebe eine Art Komplott, müsse sie dem energisch entgegentreten. Man müsse Polizeieinsätze zwar immer wieder kritisch hinterfragen, sagt sie. "Aber hier habe ich keinen Zweifel, dass der Angeklagte nicht geschlagen wurde."

Auf eine Geldstrafe von 560 Euro erkennt der Amtsrichter schließlich. "Das heißt, ich muss mich schlagen lassen", zischt Marcel B. erbost dazwischen. "Nein", korrigiert der Richter. Das bedeute vielmehr, dass er überzeugt sei, "dass die Zeugen die Wahrheit gesagt haben", der 26-Jährige nicht misshandelt worden sei, sondern vielmehr selber Straftaten begangen habe. Diese Einschätzung ist nur Wasser auf den Mühlen der Verschwörungstheorie des 26-Jährigen. "Die Polizisten haben einen Sonderstatus. Der eine labert das, und der labert das", schäumt er. Die Belehrung, dass er das Urteil anfechten und von einem anderen Gericht überprüfen lassen kann, hört sich Marcel B. nicht mehr bis zu Ende an. Wütend stürmt er aus dem Saal und knallt die Tür zu.