Bergedorf lockt immer mehr Tagesgäste an, vor allem aus den anderen Teilen Hamburgs - und kümmert sich fürsorglich um sie

Bergedorf. Ein Touristenehepaar um die 40, beide mit Rucksack, Schlapphut und Windjacke ausgestattet, steht Händchen haltend vor Hamburgs ältestem Gasthof "Stadt Hamburg", einem bis unters Dach bunt verzierten Fachwerkhaus mitten im Altstadtkern von Bergedorf. Es sind Hamburger mit breitem Barmbeker Slang in der Stimme, die laut sagen: "Schönes S-tädtchen issas hiea!"

Was, Hamburgisch gesagt, s-timmt. Denn Bergedorf gehört zwar zu Hamburg, hat aber Einwohner, die mächtig stolz auf ihre Eigenheit sind. Und die "anderen" Hamburger kommen gern: allein im August 300 000, so die aktuelle Schätzung. Und die werden in Bergedorf, anders als sonst in Hamburg, fast mütterlich umsorgt.

Zentrum ist der Hasse-Turm, benannt nach dem berühmten Komponisten Johann Adolf Hasse (1699 bis 1783). Offensichtlich ist Bergedorf in. Zum Erntedankfest kamen am ersten Oktoberwochenende mit 30 000 Besuchern doppelt so viele, wie erwartet.

Bergedorf macht als einziger Bezirk Touristenwerbung; für alle anderen ist "Hamburg Tourismus" zuständig. Nur in Altona - wie Bergedorf bis 1937 selbstständig - will der Bezirk jetzt selbst das Thema befördern.

Der Hasse-Turm steht nur wenige Meter neben "Stadt Hamburg" und beherbergt die Bergedorf-Info, die Sabine Sandmann leitet. Das ist was Feines: Auskunftei, Fahrrad-Verleih, Fundbüro, Souvenirverkauf - und auch ein kleiner, begehbarer Sorgenkasten. Sandmann ist eine freundliche Frau, die viel lacht und so gar nichts von hamburgischer Amtsstuben-Muffigkeit hat.

Frau Sandmann arbeitet für die Hamburger Arbeit (HAB), einen Beschäftigungsträger, der in Bergedorf etwas Einzigartiges betreibt: die "Stadtmeisterei" mit 25 Mitarbeitern, zuständig für Touristen, Bewachung (der Kirche) und öffentliche Sauberkeit. Auch was Feines, denn das Zentrum von Bergedorf ist - wirklich - frei von wilden Plakaten, Aufklebern, Schmutz und Schmierereien.

Vor der Erklärung dieser Feinheiten die Grobpeilung: Wer in Bergedorf mit der Bahn, dem Bus, dem Auto oder mit dem Ausflugsdampfer ankommt, landet mittendrin im Herzen des Städtchens: Gegenüber dem neuen Bahnhof liegt der Alte Hafen Serrahn, drei Steinwürfe weiter Hamburgs einziges Schloss (man ahnt es, das Bergedorfer Schloss), davor die beliebte Kirche St. Petri und Pauli von 1500, der Gasthof "Stadt Hamburg" und der Hasse-Turm; alles ist durchzogen von Schloss- und Schleusengräben und mit kleinen Grünflächen und vielen Sitzbänken versehen. Nicht zu vergessen die öffentliche Toilette neben der Eisdiele, "nach der jeden Tag 20-mal gefragt wird", wie Sabine Sandmann sagt. Für 50 Cent öffnet der Eismann die Toilettentür; innen findet sich unerwartete Sauberkeit. Vergessen sollte man auch nicht, dass der Stadtkern mit Einkaufszonen und -zentren gespickt ist.

Bei dem Thema Sauberkeit sind die Bergedorfer pingelig. Die 25 rotgekleideten Stadtmeister führen Besen, Harke, Müllgreifer und einem Schaber nebst Wassersprühflasche (für den Kampf gegen Aufkleber) mit sich. "Wenn auf dem Laternenmasten nix drauf ist, kommt auch nix Neues", sagt Bernd Nitsch, Chef der Stadtmeister (alles Langzeitarbeitslose).

Im Turm sind Auskünfte und Recherchen kostenlos. "Viele Touristen sind dankbar, dass ich auch Infos im Internet suche", sagt Frau Sandmann, "und sie erst mal eine halbe Stunde wegschicke." Genau 30 Bergedorfer Prospekte und Flyer liegen aus; über Sehenswürdigkeiten, Parkmöglichkeiten, Ausflüge, Veranstaltungen, die Schifffahrt, den Radverleih (8 Euro am Tag) und die beliebten Rundwege entweder durch den Kern Bergedorfs oder die Vier- und Marschlande. Daneben schicken viele Touristen Anfragen und Reservierungen über E-Mail. "50 bis 70 Besucher kommen im Hochsommer täglich in den Turm", sagt Sabine Sandmann. Das Projekt Stadtmeisterei und Info-Turm (den die Kirche kostenfrei zur Verfügung stellt) ist erfolgreich. Die Besucherzahl im Turm stieg von 1131 im Jahr 2006 auf 5661 im vergangenen Jahr. 2012 soll das Stadtmeisterprojekt verlängert werden.

"Wichtig sind für Touristen auch die Mitbringsel", sagt Bernd Nitsch. Da gibt es den kleinen "Bergedorf-Teddy", die große Bergedorf-Flagge und den Bergedorf-Becher mit dem Spruch "Wo in Hamburg die Sonne aufgeht".

Zur Geografie Bergedorfs gehört noch mehr. Denn der Bezirk besteht aus Stadt, Land, Fluss. Neben dem Städtchen Bergedorf liegt das "Landgebiet", durchzogen von Elbarmen: die Vier- und Marschlande, zweites wichtiges Ausflugsgebiet in Bergedorf. "Im Sommer sind dort an guten Tagen 50 000 Besucher - die meisten aus Hamburg", sagt Polizeidirektor Bernd Krösser, Chef des Bergedorfer Reviers.

Bergedorf Information, Johann-Adolf-Hasse-Platz 1 in 21029 Bergedorf, Telefon: 040/72 69 33 24. E-Mail: info@bergedorf.de