Bauarbeiten wurden ausgeweitet. Rund um den Bahnhof kommt es zu Staus - mit Folgen für die ganze Stadt. ADAC rät zum Umstieg auf Bus und Bahn.

Rotherbaum. 13.55 Uhr auf der Baustelle Dammtorbrücke: Das Rauschen der vorüberfahrenden S-Bahn vermischt sich mit dem Krach einer Säge und eines Bohrgeräts. Die Bauarbeiter sind zwischen den vielen Maschinen kaum zu entdecken. Zwei bedienen den Bohrer, einer fährt Bauschutt weg. Plötzlich kommt aggressives Hupen zur Klangkulisse hinzu. Ein Lastwagen steht mitten auf der Kreuzung vor der Dammtorbrücke. Auf allen Seiten haben sich lange Schlangen gebildet. Seit 15 Minuten wartet auch Iris Heydecke, 52. "Morgen fahre ich wieder Bahn", sagt sie. 14.30 Uhr: Die beiden Bauarbeiter machen Pause. Auch die Säge ist verstummt - nur das Hupen genervter Autofahrer nicht.

Von heute, 18 Uhr an beginnen für Autofahrer, die täglich rund um den Dammtorbahnhof unterwegs sind, acht harte Monate. Denn mindestens so lange wird die Straße unter der Dammtorbrücke für den Individualverkehr gesperrt sein. Das Wochenende über gibt es eine Vollsperrung - also auch für Busse. Ab Montag dürfen die dann zumindest in Richtung Norden, also vom Stephansplatz her kommend, den Dammtordamm wieder passieren.

"Solche Maßnahmen verändern das Verkehrsbild einer Stadt komplett", sagt Michael Schreckenberg, 55, der an der Uni Duisburg-Essen die weltweit erste Professur für Physik von Transport und Verkehr innehat. "Das wirkt sich sehr großflächig aus und kann bis zu den angrenzenden Autobahnen gehen." Da die Fahrer sich andere Wege suchen werden, um an ihr Ziel zu kommen, wird es dort zu massiven Staus kommen. Das kann sogar über Monate so gehen. "Wir haben bei ähnlichen Situationen die Erfahrung gemacht, dass es gut sechs Monate dauert, bis sich der Verkehr eingespielt hat."

Doch es gibt Faktoren, die diese Entwicklung beschleunigen können: frühe und umfangreiche Informationen für die Verkehrsteilnehmer, eine gewisse Flexibilität der Autofahrer und eine Ersatzverkehrsführung, die mit der umliegenden Infrastruktur abgestimmt ist. "Da reicht es nicht, eine Ausweichroute zu entwickeln", sagt Schreckenberger. Zum Beispiel müssen auch nachfolgende Ampeln anders geschaltet werden oder Parkflächen in weitere Fahrstreifen umgewandelt werden.

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Bei städtischen Baustellen ist, anders als bei der privaten Dammtorbrücke der Deutschen Bahn, diese Planung Aufgabe des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer. Zudem gibt es eine eigene "Koordinierungsstelle Baumaßnahmen Hauptverkehrsstraßen", kurz "Kost". Beide waren jedoch kaum in die Planung eingebunden. "An der Baustellenplanung Dammtorbrücke war die Kost nur insofern beteiligt, als darauf geachtet wurde, dass die Baustelle zeitlich und örtlich nicht mit einer anderen Maßnahme kollidiert", sagt Helma Krstanoski, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde. Die Deutsche Bahn sieht das anders. "Wir haben uns mit Planungsbüros, Polizei, Kost und dem ADAC im Vorfeld umfassend abgestimmt und so gut es ging eingebunden", sagt Unternehmenssprecherin Sabine Brunkhorst. Die Sperrung seien zwar nicht schön, die Instandsetzung der über 100 Jahre alten Brücke aber unumgänglich. "Die Alternative wäre, dass dort irgendwann keine Züge mehr fahren dürften", sagt Brunkhorst.

Trotzdem ist die Baustelle schon jetzt die, über die sich die Hamburger Autofahrer am häufigsten beim ADAC beschweren. "Diese Kreuzung ist mit 70 000 Fahrzeugen pro Tag mit einer Autobahn vergleichbar, und echte Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht", sagte ADAC-Verkehrsexperte Carsten Willms. "Deshalb können wir nur raten, auf Bus und Bahn umzusteigen", sagte Willms. Und zu Ostern 2012 wird es noch schlimmer: Zum Einheben der Brücke wird die Straße Alsterglacis ebenfalls für einige Tage vollgesperrt.

Die damit verbunden Behinderungen werden aber nicht die einzigen in den nächsten Jahren sein, denn laut ADAC kommen noch viele weitere Großbaustellen auf Hamburg zu. Zum Beispiel der A-7-Deckel und die Instandsetzung der Brücke über die Neuländer Straße. Plus die, die es schon gibt wie etwa der Neubau der Deelbögebrücke. Ähnlich wie am Dammtor musste für die Bauarbeiten hier zunächst eine Behelfsbrücke gebaut werden. Und auch hier wurde die Strecke gesperrt - jedoch nur an zwei Wochenenden. Trotzdem werden die Autofahrer hier wegen verengter Fahrbahnen noch bis 2013 regelmäßig im Stau stehen.