An der Speicherung von Kohlendioxid kommen wir nicht vorbei. Doch in Deutschland wird nicht mal die Erforschung akzeptiert

Nachdem das Gesetz zur geologischen Speicherung von Kohlendioxid im Bundesrat vorläufig gescheitert ist, geht ein seit Jahren anhaltender Streit in die nächste Runde. Bei der Debatte im schleswig-holsteinischen Landtag gestern war geradezu ein Überbietungswettbewerb zu beobachten, wer wohl der größte Speicherungsgegner im Land sei. Die von Technologieskepsis durchzogene Diskussion folgt auch in anderen Bundesländern einem bekannten Muster. Wohlklingende klimapolitische Ziele werden allseits unterstützt, die damit einhergehenden Belastungen aber gerne auf die Nachbarn abgewälzt.

Hätte die deutsche Politik alleine darüber befinden dürfen, wäre das heiße Eisen eines Gesetzes zur Regulierung der CCS-Technologie ("Carbon Capture and Storage") wohl gar nicht angefasst worden. Zu groß ist der Widerstand in der Bevölkerung, obwohl es derzeit nur um Demonstrationsanlagen und Forschungsprojekte geht. Deutschland steht nach jahrelangen Verzögerungen aber in der Pflicht, endlich die EU-Richtlinie umzusetzen.

Während Hamburg als eines der wenigen Bundesländer auf die industriepolitischen Potenziale der CCS-Technologie hinweist, wird der Widerstand vor allem von Schleswig-Holstein und Niedersachsen angeführt. Die Regierungen in Kiel und Hannover hatten dafür gesorgt, dass das vom Bundesrat gestoppte Gesetz eine Ausstiegsklausel für einzelne Bundesländer enthielt. Wenn aber zwei der drei Länder, die über die geeigneten geologischen Formationen verfügen, auf ihrem Gebiet die Speicherung von Kohlendioxid untersagen, wird auch die CCS-freundliche Landesregierung von Brandenburg keine Speicher genehmigen wollen.

Ein Gesetz, das die Speicherung von Kohlendioxid de facto behindert, entspricht zwar dem Mehrheitswillen der Bevölkerung. Es deckt aber auch die Widersprüche der Energiewende auf. Grundsätzlich besteht ein breiter Konsens darüber, aus der Atomenergie auszusteigen, ohne Abstriche an den eigenen klimapolitischen Zielen zu machen. Die damit verbundenen Infrastrukturlasten aber will niemand tragen, weder beim Aufbau von Windparks noch beim Ausbau von Stromleitungen, und erst recht nicht, wenn fossile Energieträger im Spiel sind.

Von Gegnern wird gerne unterstellt, CCS diene lediglich dazu, dem "Klimakiller Kohle" eine längere Lebensdauer zu verschaffen. Insofern sei die Ablehnung von CCS nur Ausdruck einer besonders fortschrittlichen Klimapolitik. Übersehen wird dabei, dass CCS nicht allein in Kohlekraftwerken eingesetzt werden soll. Weitet man den Blick auf die klimapolitisch relevante Phase bis 2050, dann wird deutlich, dass die von Deutschland und der EU bis zu diesem Zeitpunkt angestrebten Emissionsreduktionen von 80 bis 95 Prozent nur erreichbar sein werden, wenn CCS auch in anderen Wirtschaftssektoren eingesetzt wird.

Dies betrifft zum einen die energieintensive Industrie, etwa Anlagen zur Produktion von Stahl, Zement oder Kupfer. Vor allem aber betrifft es die bei den Umweltverbänden neuerdings so beliebten Gaskraftwerke. Wenn man im Zuge der deutschen Energiewende tatsächlich verstärkt auf den relativ klimafreundlichen Energieträger Erdgas setzen will und entsprechende Kraftwerke nicht vor Ende ihrer technischen Lebensdauer abgeschaltet werden sollen, wird man sie ab 2035 mit CCS betreiben müssen.

CCS ist im Kern eine klimafreundliche Technologie. Fast alle Klimastudien gehen davon aus, dass die Weltgemeinschaft ohne die CCS-Option außerstande sein wird, das vom letzten Uno-Klimagipfel beschlossene Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Wenn Deutschland seine Klimaziele im Zuge der Energiewende nicht preisgeben will, werden wir an CCS nicht vorbeikommen.

Die Technologie zur Abscheidung von Kohlendioxid in Kraftwerken und Industrieanlagen wird eines Tages weltweit einsatzbereit sein, auch in Deutschland. Wenn hierzulande aber nicht einmal die Erforschung der Speicherung die notwendige Akzeptanz findet, bleiben im Grunde nur zwei Möglichkeiten. Entweder stehen wir dazu, dass wir unsere selbst gesteckten Klimaziele nicht erreichen können oder wir exportieren unsere Verantwortung mit Pipelines oder Schiffen in die europäische Nachbarschaft.