Hamburg. Mit 13 fing er an zu stehlen, mit 18 verlegte er sich auf das Knacken von Geldschränken und später auf Einbrüche und Raubzüge im großen Stil. Übermorgen wäre er 129 Jahre alt geworden: Julius Adolf Petersen, bekannt als der "Lord von Barmbeck" - der frühere Vorort wurde bis 1946 mit "ck" geschrieben - war nur zum Schein Gastwirt im heutigen Barmbek-Süd. Mit seiner "Barmbecker Verbrechergesellschaft" machte er nach dem 1. Weltkrieg die Stadt unsicher. Zu seinen "besten Zeiten" dirigierte er 90 Komplizen.

Petersen, der Wert auf Manieren und ein gepflegtes Äußeres legte (schwarzer Anzug, steifer Kragen, Stockschirm, Bowler und gewienerte Schuhe), wurde in einer Kellerwohnung am Borstelmannsweg in Hamm als Sohn eines Zimmermanns geboren. Er schwänzte die Schule, trieb sich in den finsteren Gängevierteln herum und kam noch als Jugendlicher für fünf Tage ins Gefängnis. Er hatte eine Geldbörse mit 20-Mark-Stücken unterschlagen.

Während viele Hamburger zum Ausklang des Kaiserreichs und in der Weimarer Republik an der Armutsgrenze lebten, erleichterten Petersen und seine Handlanger beispielsweise die Farmsener Trabrenngesellschaft um 190 000 Reichsmark und die Amtskasse der Seewarte um mehr als 50 000 Reichsmark. Der Raub im Postamt an der Susannenstraße im Schanzenviertel brachte der Bande sogar mehr als 220 000 Reichsmark. Hier hatte Petersen den Postbeamten erst beim Schäferstündchen beobachtet und dann in einen Schrank gesperrt.

Insgesamt 200 Verbrechen werden dem Lord und seiner Bande zugerechnet. 1924 wurde er zu einer längeren Haft verurteilt. Während Julius Adolf Petersen seine Strafe absaß, verkaufte sein Bruder die gemeinsame Kneipe an der Straße Beim Alten Schützenhof. 1933 erhängte sich Petersen 51-jährig im Gefängnis. Er hatte zwei Socken und ein Taschentuch zusammengeknotet.

Petersen, so zumindest die Legende, war einer jener Panzerknacker, die niemals Menschenleben gefährdeten. "Er war kein eiskalter Verbrecher", sagt Ulrich Tukur, der den "Lord" im St.-Pauli-Theater spielte. "Er wollte nur auf seine Art und Weise bewundert werden." 1973 verfilmte Regisseur Ottokar Runze die Memoiren von Julius Adolf Petersen mit Martin Lüttge in der Titelrolle. Der "Lord von Barmbeck" erhielt zwei Bundesfilmpreise (beste Gestaltung, beste Filmmusik) und einen Bambi (bester deutscher Film).