Ein Friedenstreffen der Weltreligionen hat in der vergangenen Woche die schöne Stadt München geprägt. Tausende waren gekommen: Juden, Christen, Muslime, Buddhisten, Hindus und viele andere aus der ganzen Welt. Die starke internationale Gemeinschaft St. Edigio, angeführt von Andrea Riccardi, brachte uns zusammen. Sie arbeitet in vielen Ländern für den Dialog der Religionen, schafft Vertrauen, stiftet Frieden. Der Bundespräsident, die Kanzlerin waren dabei. Sie haben gezeigt, wie wichtig die Religionen sind, um die Menschen zu versöhnen und die tiefen Gräben zu überwinden, die unsere Erde spalten.

In der Tat, Religionen können eine Friedensmacht sein. Aber sie dienen auch als Vorwand für bittere Auseinandersetzungen, für Hass und Feindschaft, für menschenverachtende Gewalt und Terror. Dieses finstere Gesicht der Religion darf nicht das letzte bleiben. Wir müssen es überwinden. Wir müssen uns in die Augen schauen. Wir müssen uns auf den besinnen, der über uns steht: auf Gott. Er ist der Gott des Friedens. Wir dürfen seinen Namen nicht missbrauchen.

In Deutschland sind besonders die Muslime, überwiegend die Türken, unsere Nachbarn aus anderen Religionen. Da gibt es Ängste und Vorurteile. Deutsche stoßen sich an manchem Fremden, an mangelnder Bereitschaft sich zu integrieren und sich in die Gesellschaft einzufügen, sorgen sich um angebliche "Überfremdung". Muslime bleiben oft unter sich, wehren sich gegen eine vermeintliche "Assimilierung" und halten ihr Eigenes fest. Wie kommen wir weiter? Alle müssen einsehen, besonders die religiösen Menschen: Zusammenleben ist unsere Bestimmung. Religiöse Menschen machen sich Dialog und gute Nachbarschaft zur Herzenssache. Wir bleiben Christen, Muslime bleiben ihrer Religion treu. Aber wir schenken uns einen guten Blick und helfen einander - etwa auch, wenn es um die Errichtung angemessener, würdiger Moscheen geht. Religionen sind etwas sehr schönes. Sie rühren das Menschenherz und erheben uns zu Gott. Sie wollen und können die besten Seiten in uns wecken - zum Segen der einen Menschheitsfamilie.

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